Schinderhannes

Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet

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Schinderhannes und seine Ehefrau Juliane Blasius mit dem gemeinsamen Sohn Franz Wilhelm

Am stillen Steinbruch im Duisburger Walde kann man im grauen Felsgestein, daraus das dunkle Wasser auf rotem Grunde hervorsichert, den Eingang zu einem geheimnisvollen Gang sehen, der den einsamen Waldteich mit der starken Stadt Duisburg verband. Der finstere Gang öffnet sich zu einer weiten Halle, darinnen ein Räuber mit seinen Gesellen wohl Unterschlupf und Schatzkammer finden konnte. Schinderhannes selbst, der gefürchtete Räuberhauptmann, hauste vorzeiten in dieser Höhle und unternahm von dort aus, ein Schrecken für die Reichen und ein Trost für die Armen, seine Raub- und Spendenzüge. Als es ihm einstmals herzlich schlecht ging und er die Häscher, die ihn später an den Galgen lieferten, schon auf den Fersen spürte, sann er darauf, wie er zu einem Pferde kommen könne, um schnell seinen vertrauteren Hunsrückerwald aufzusuchen. Da umwickelte er sein Haupt mit Binden, stützte seine Gestalt auf Krücken, winkelte auch das Bein erbärmlich gleich einem Krüppel und schleppte sich zu einem großen Richtweg, der den Wald von Mülheim nach Duisburg durchzog. Dort kletterte er ungesehen auf einen über die Straße gereckten Ast, nachdem er seine Krücken weiter oberhalb an den Straßenrand geworfen hatte. Und siehe, bald sprengte ein wohlbeleibter Mülheimer Kohlenherr hoch zu Roß auf dem Wege nach Mülheim dahin. Der war nicht wenig erstaunt, als eine klägliche Stimme vom Baum ihn anrief: »Ach, gnädigster Herr, um Gottes willen helft mir! Böse Burschen haben mich armen Krüppel hier auf den Baum gesetzt und meine Krücken dort drüben auf die andere Seite geworfen. Wenn ihr ein Christenherz in der Brust habt, so holt mir doch meine Krücken her und helft mir vom Baume, auf daß ich meines Weges weiter ziehen kann.« Der gutmütige Mülheimer ließ sich das nicht zweimal sagen, glitt vom Pferde, ließ es unter dem Baume stehen und eilte nach den Krücken. Gerade als er sie in Händen hatte und sich umdrehte, sah er, wie der arme Krüppel sich behend vom Baumast schwang und auf dem kürzesten Weg wie ein guter Reiter dem Pferd auf den Sattel fiel. Das Pferd bäumte sich auf und flog unter der Hand seines neuen Herrn ein Stück den Weg hinab und seitwärts in den Busch. Der betroffene Kohlenherr stand verdutzt mit den Krücken, die ihm so unerwartet das Fortkommen beschwerten, derweil Schinderhannes mit pfiffigem Lächeln auf der Straße der Freiheit dahingaloppierte.

Anmerkungen

Schinderhannes ist wohl niemals im Duisburger Wald gewesen. Die Räubergeschichte entstammt der Zeit, da die »Mersener Bande« unter Führung Bosbecks am Ende des 18. Jahrhunderts auch in Duisburg ihr Unwesen trieb. Der Duisburger Wald befindet sich beiderseits der Uhlenhorststr. Nördlich davon wird ein Waldweg laut Stadtplan Steinbruchweg genannt (Vor Ort nicht ausgeschildert.). Dort ist auch ein Teich im ehemaligen Steinbruch zu finden. Ob sich die Sage auf diesen Teich bezieht ist unklar, da das Gewässer zu weit von der Innenstadt entfernt liegt, um mit ihr durch einen Gang verbunden zu sein (Hinweis erbeten!). Das Hunsrück ist ein Teil des westlichen Rhein-Schiefergebirges zwischen Rhein, Mosel und Nahe in Rheinland-Pfalz.

Teich im Duisburger Wald (WGS 84: 51.413534° 6.804163°)

Literaturnachweis

  • Broermann,113; vgl. Bahlmann, 1922, 205–207 (von Fr. Rößmann aus dem Volksmund; vgl. auch K. Rauchhaupt, Aktenmäßige Geschichte des berüchtigten Räuberhauptmanns Joh. Bückler gen. Schinderhannes (1779–1803), Kreuznach 1891,190–192; G. Schrey, Siegerländer Sagen, Siegen 1912, 42f.)


Hier finden Sie: Teich im Duisburger Wald (51.413534° Breite, 6.804163° Länge)

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Dieser Text wurde folgendem Buch von Dirk Sondermann entnommen:

Ruhrsagen. Von Ruhrort bis Ruhrkopf.
Bottrop: Henselowsky Boschmann Verlag, 2005
ISBN 3-922750-60-5.





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