Reck von Volmarstein und seine Nixe

Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet

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Burg Volmarstein

Als ich noch ein kleiner Junge war, unternahmen meine Eltern mit mir zur Sommerzeit hin und wieder einen Sonntagsausflug zur Burgruine Volmarstein, die im gleichnamigen Ort bei Wetter, hoch oben auf einem Bergplateau, weithin sichtbar über der Ruhr thront. Hier herrschten einst die Grafen von der Recke-Volmarstein. Im Jahr 1784 siedelte die Familie auf das kleine wasserumwehrte Schloss Overdyck im damals ländlichen (Bochum-) Hamme am Bodelschwingh-Platz um. Heute befindet sich dort eine Straßenkreuzung; nichts erinnert mehr an den geschichtsreichen Adelssitz.

In ihrer neuen Heimat zeichneten sich die Grafen durch ihr, vom Zeitalter der Aufklärung beeinflusstes, soziales Engagement aus: So gründete Adelbert von der Recke-Volmarstein 1819 die »Anstalt zur Rettung und Erziehung verlassener Waisenkinder und Verbrechern angehöriger Kinder«, ein Muster und Vorbild aller Waisenhäuser, aus der das noch bestehende Heim Overdyck hervorging ( Bodelschwingh-Platz 1). Ein von dankbaren Hammer Bürgern gestiftetes Denkmal Graf Adelberts ziert eine Grünfläche an der Dorstener Straße/Ecke Gahlensche Straße.

Von besonderer Bedeutung für bierkundige Liebhaber des untergärigen Kaltgetränkes alkoholischen Inhaltes dürfte die Anstellung des bayerischen Braumeisters Joachim Schlegel sein, der um 1850 von der gräflichen Familie nach Hamme geholt wurde. Kurz darauf gründete er gegenüber dem heutigen Rathaus seine eigene Brauerei, und für 125 Jahre ( bis 1975) hieß es dann: »Bochums Dreiklang merke dir: Kohle - Eisen - Schlegelbier«.

Von dem Adelssitz Haus Overdyck erzählt meines Wissens keine Sage, wohl aber, für das Ruhrgebiet in unvergleichlicher Anzahl, vom Stammsitz der Grafen, Burg Volmarstein in Wetter. Mehr als dreißig verschiedene Sagen und Dichtungen künden vom einstigen Glanz des alten Gemäuers. Es wurde besungen von so bedeutenden Größen der deutschen Literatur wie dem Märchensammler Ludwig Bechstein (1801-1860) und dem Dichter Friedrich de la Motte-Fouqué (1777-1843), dessen Kunstmärchen Undine, versehen mit Sagenmotiven von Burg Volmarstein, zu den schönsten Werken der europäischen Romantik zählt.

Die bekannteste Volkssage, die sich um das Gemäuer rankt, möchte ich Ihnen nicht vorenthalten:

Der Nixen muntere Scharen, sie schwimmen stracks herbei,
Nun einmal zu erfahren, was in den Mauern sei. – Ludwig Uhland

Als Herr Reck von Volmarstein an einem wunderschönen Herbstabend von einem Turnier, welches in Sygiburgum (Hohensyburg) stattgefunden hatte, nach seinem väterlichen Schlosse ritt, vernahm er plötzlich verlockende und bezaubernde Töne aus der Tiefe des Ruhrstromes. Er hielt sein Ross an, um diese Zaubermusik zu hören. Plötzlich verstummten diese wunderbaren Melodien, und in den wilden Wellen des Ruhrstromes erschien eine bezaubernde Frau, deren langes, welliges Haar die nackten Schultern bedeckte. Durch ihren lieblichen Gesang und durch ihre Schönheit bezauberte sie ihn derartig, dass Herr Reck sich entschloss, sie zu heiraten.

Sie war mit seinem Vorhaben einverstanden und schenkte ihm als Zeichen der Gegenliebe ein silberfarbenes Fähnlein. Nachdem er das herrliche Geschenk, welches dem Besitzer Wunderkräfte verlieh, angenommen hatte, musste er mit seiner Herzensgeliebten sechs Tage im Wasser wohnen und einen Tag auf dem Lande zubringen. Als er einst aus der Wasserwelt an die Tageswelt emporstieg, um seine Eltern, Freunde und Bekannten zu besuchen, gab ihm seine Wassernixe ein goldenes Kettchen, welches ihn dauernd an sie fesseln sollte. Bei einem Kaiserturnier wurde ihm das Kettchen zerhauen, und von nun an vergaß er seine Wassernixe. Da er aus diesem Ritterspiele als Sieger hervorging, fesselte eine liebliche und anmutige Königstochter ihn so sehr, dass er dieselbe heiraten wollte. Beide standen bereits vor dem Altare, um sich von einem Priester trauen zu lassen. Da erschien die Wassernixe, umfasste ihn mit ihren eiskalten Armen, und er sank tot zu Boden. So rächte sich die Wassernixe für die ihr angetane Schmach.

Anmerkungen

Hamme, erwähnt im Jahre 1050, bestand aus den 1523 vereinigten Bauerschaften Gold- und Hundhamme. Hamm(e) bezeichnet einen am Fluss gelegenen, vielleicht durch zwei Gewässer gebildeten Raum, der Wiese, Weide oder Wald sein kann. Tatsächlich flossen in Hamme die drei Bäche Ahbach, Kabeisemannbach und Goldhammerbach in einer Niederung zusammen. Haus Overdyck (= über dem Teich) war 1364 ein Lehen der Abtei Werden.

Am Vorberg in (Wetter-)Volmarstein steht die gleichnamige Burgruine, die um das Jahr 1100 von Erzbischof Friedrich von Köln erbaut wurde. Die gegenüber auf der anderen Ruhrseite liegende Burg Wetter soll im 13. Jahrhundert von den Grafen von der Mark gegen das kölnische Volmarstein errichtet worden sein, die sie 1288 und 1324 eroberten und zuletzt zerstörten. Wiederaufgebaut zerfiel Burg Volmarstein allmählich seit dem 16.Jahrhundert.

Am 22. Dezember 1391 verstarb dort der angebliche Begründer des Bochumer Maiabendfestes, Graf Engelbert III. von der Mark.

Literaturnachweis

  • Uralte Freiheit, 87 (Das Gedicht Ludmilla von La Motte-Fouqué findet sich auf S. 93); BSN, 215




Weitere Sagen aus Bochum.



Dieser Text wurde folgendem Buch von Dirk Sondermann entnommen:

Bochumer Sagenbuch.
Verlag Pomp, 2004
ISBN 978-3893550678.




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