Prinzessin Luise auf Burg Broich

Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet

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Schloß Broich ca. 1890

Die 1776 geborene Prinzessin Luise von Mecklenburg-Strelitz, nachmals Preußens unvergeßliche Königin († 1810), weilte seit Ende 1786 am Darmstädter Hofe, damit – da bereits 1782 ihre Mutter und 1785 auch ihre Stiefmutter (der Mutter Schwester) gestorben – nunmehr ihre Großmutter, die Landgräfin Marie von Hessen-Darmstadt, ihre weitere Erziehung leitete. In deren Gesellschaft verbrachte die junge Prinzessin, die sich 1793 mit dem preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm (dem späteren König Friedrich Wilhelm III.) verlobte und vermählte, die Sommermonate der Jahre 1787 und 1791 auf dem Schlosse Broich, das die Landgräfin Marie 1766 von ihrem Vater, dem letzten Grafen von Leiningen-Heidesheim, geerbt hatte. Während dieses längeren zweimaligen Aufenthalts gewann das schöne Fürstenkind, das mit den ländlichen Altersgenossen zwanglos im Schloßgarten spielte, die Kranken aufsuchte und plegte und jedermann nach Kräften in seinen Nöten beisprang, die Herzen aller Eingesessenen in solchem Grade, daß man noch heutzutage jene Zeit als Broichs schönste rühmen und die Leutseligkeit und Herzensgüte des hohen Gastes in allerlei mehr oder minder ausgeschmückten Erzählungen und Schilderungen preisen hören kann. Von den letzteren möge wenigstens eine, die von den mir bis jetzt bekannt gewordenen Überlieferungen am besten in die vorliegende Sammlung paßt, auch hier einen Platz finden.

Während einst die Kinder im Freien sich tummelten, braute sich am Himmel eine dunkle Wolkenwand auf und nahte allen Anzeichen nach ein schweres Gewitter. Ein Kind nach dem andern wurde von irgendeinem seiner Angehörigen unter das schützende elterliche Dach geholt, und schließlich blieb nur noch ein kleines Mädchen übrig, um das sich niemand zu kümmern schien. Mitleidig nahm die Prinzessin die zitternde Kleine, die Tochter eines der landgräflichen Hofläufer, die nach damaliger Sitte mit bunten Stöcken den herrschaftlichen Wagen vorauseilen mußten, mit sich in den Flur des Schlosses und suchte sie mit freundlichen Worten zu trösten. Als sie meinte, den Vater würden wohl nur zwingende Gründe zu Hause zurückgehalten haben, sagte schluchzend das Mädchen: »Ach nein, wer weiß, ob der überhaupt noch lange Zeit auf mich achten kann; schon seit Tagen liegt er fibernd und röchelnd zu Bette, er kann das Laufen vor dem Wagen nicht vertragen!« Die Prinzessin forschte weiter, und kaum hatte das Mädchen, als der Himmel sich wieder zu bläuen begann, sie verlassen, da stürmte sie zu ihrer Großmutter, erzählte ihr das eben Gehörte und ließ mit Bitten nicht nach, bis jene ihr versprach, sich niemals wieder der bis dahin für unbedingt erforderlich gehaltenen Läufer bei ihren Ausfahrten zu bedienen und ihnen weniger aufreibende Verrichtungen zuzuweisen.

Literaturnachweis

  • Bahlmann, 187–189 (nach Kamp, 242–252; F. Adami, Luise, Königin von Preußen, 11. Aufl., Gütersloh 1888,21; E. Reinhard, Romantische Streifen durch das rhein.-westf. Industriegebiet, Dortmund 1919, 81–93)


Hier finden Sie: Burg Broich (51.427167° Breite, 6.871633° Länge)

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Dieser Text wurde folgendem Buch von Dirk Sondermann entnommen:

Ruhrsagen. Von Ruhrort bis Ruhrkopf.
Bottrop: Henselowsky Boschmann Verlag, 2005
ISBN 3-922750-60-5.





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