Krupp rot vor Neid

Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet

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Die Glocke vor dem Bochumer Rathaus

Im Jahre 1867 stellte der Gründer des Bochumer Vereins (für Bergbau und Gussstahlfabrikation) Jakob Mayer bei der Pariser Weltausstellung die Glocke aus, die heute vor dem Bochumer Rathaus steht. Die Glocke war damals die größte jemals hergestellte Gussstahlglocke. Das riesige Exemplar machte in der französischen Hauptstadt Furore und der Bochumer Verein erhielt die goldene Medaille.

Angeblich wurde Alfred Krupp von der Essener Konkurrenz rot vor Neid und ging mit einem Hammer auf die Glocke los, um zu zeigen, dass diese nicht fachmännisch gegossen sei und Hohlräume aufweise. Nachdem er einige Zeit wie wild auf diese losgehämmert hatte, ließ er erschöpft ab und musste einsehen, dass man in Bochum zu dieser Zeit besseren Gussstahl herstellte als in seinem Kruppwerk.

Anmerkungen

Historischer Hintergrund dieser Überlieferung dürfte folgende Begebenheit sein: Die Weltausstellung in Paris im Jahre 1855 beschickte der inzwischen (1854) in eine Aktiengesellschaft umgewandelte Bochumer Verein mit drei Glocken. Die Glocken, die alle die in der Ausstellung vorhandenen Bronzeglocken an Größe übertrafen, erregten das Aufsehen aller Besucher und bei dem Wettbewerb auch Zweifel über ihre Gestehung aus Gussstahl.

Auch Krupp gehörte zu den Zweiflern. Man stellte die Möglichkeit, Glocken in solchen Ausmaßen aus Gussstahl herzustellen, hartnäckig in Abrede und behauptete, sie seien aus Gusseisen. Zur Behebung der Zweifel schickte die Bochumer Gussstahlfabrik eine weitere Glocke nach Paris, von der der Anguss noch nicht entfernt war, ließ diesen dort abnehmen und zu einer quadratischen Stange schweißen.

Aber noch waren die Zweifler nicht beruhigt. Sie warfen dem Erfinder Betrug vor, indem sie behaupteten, dass bei der Glocke nur die zuletzt eingegossene Masse wirklicher Gussstahl, das übrige Roheisen oder auch, dass der Anguss durch Ausglühen weich gemacht sei. Da wallte dem biederen Schwaben das Blut. Mayer reiste sogleich nach Paris und ließ in Gegenwart des großen Preisrichterkollegiums, zu dem auch der preußische Oberberghauptmann von Dechen gehörte, die angestrittene Glocke durch zwei mitgebrachte Arbeiter zerschlagen und beliebige Stücke ausschmieden und härten.

Da verstummten die Zweifler. Die Preisrichter erkannten dem Werk den höchsten Preis zu, die große Ehrenmedaille in Gold, eine Auszeichnung, die in der Stahlgruppe nur noch einer belgischen Firma für gewalzte und polierte Bleche zuteil wurde. Jakob Mayer wurde von Napoleon III. zum Ritter der französischen Ehrenlegion ernannt.

Der Ruf der Bochumer Gussstahlglocken und der übrigen Gussstahlerzeugnisse des Werkes war damit begründet. Mayers Verdienste um die deutsche Industrie fanden auch von staatlicher Seite die gebührende Anerkennung. Kaiser Wilhelm I. verlieh ihm den preußischen Kronenorden und der württembergische König den Friedrichsorden. Papst Leo XIII. ernannte den Erfinder der Gussstahlglocken zum Ritter des Gregoriusordens.

Bochumer Rathaus (WGS 84: 51° 28' 57" 07° 12' 55")

Literaturnachweis

  • Joseph Sternemann, Jakob Mayer, in: Bochumer Heimatbuch 1927


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Diese Sage folgt der Themenroute 22 – Mythos Ruhrgebiet der Route der Industriekultur des Regionalverbandes Ruhr.
Der RVR bietet zum Thema »Glocke des Bochumer Vereins« folgende Informationen.


Hier finden Sie: Glocke vor dem Bochumer Rathaus (51.482093° Breite, 7.215474° Länge)

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Diese Sage ist in den bisher erschienen Werken von Dirk Sondermann nicht enthalten. Von ihm erschienen die Bücher Ruhrsagen, Emschersagen, Bochumer Sagenbuch, Wattenscheider Sagenbuch und Hattinger Sagenbuch. Weitere Publikationen sind in Vorbereitung. Bitte beachten Sie auch unsere Veranstaltungshinweise.


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