Es spukt in der Heide

Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet

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Nebel über der Heide

»Es dunkelt schon in der Heide« war ehemals eine Mahnung an Besucher, den Heimweg anzutreten. Alle kannten das Dringliche dieser Warnung. In den Heidegebieten um Polsum und Kirchhellen musste man nächtlichen Spuk erwarten. Das war nicht nur im Bramkamp zwischen Scholven und Polsum der Fall. Menschen, die im Grab keine Ruhe fanden, spukten auf den Wegen und erschreckten die nächtlichen Wanderer. Sie hatten im Leben Unrecht getan und es nicht gebüßt. Der Mann, der dem Nachbarn die Grenzsteine versetzte, klagte in schaurigen Tönen über sein Vergehen. Die gespenstischen Spinnerinnen hatten Flachs für sich behalten und die Auftraggeberinnen betrogen. Im Schilf saßen sie, klagten und wisperten, dass es den Vorübergehenden unheimlich wurde. Wer konnte da noch auf dem richtigen Weg bleiben?

Schreckliche Angst hatten manche Heidebewohner vor dem »gleinigen Perre met de gleinige Kutsche«. Dieses glühende Pferd raste mit der glühenden Kutsche durch die Nacht. Wer mag darin gesessen haben?

Anmerkungen

Das Versetzen von Grenzsteinen muss ehemals nicht ungewöhnlich gewesen sein und wurde bis zur Gegenwart versucht. Seit es genaue Vermessungen gibt, sind Grenzsteinversetzungen leicht nachzuweisen. Die Spinnerinnen gehörten zu einer Schicht, die sozial schlecht gestellt war. Es waren meistens »arme Leute«, die das Spinnen als Gelderwerb betrieben, es also schon bei Tagesbeginn aufnehmen mussten. Die Redensart »Spinnen am Morgen bringt Kummer und Sorgen«, müsste richtig heißen: »Wer schon am Morgen spinnen muß, hat Kummer und Sorgen« – um das tägliche Brot. Spinnen war auch die Arbeit von Männern. In Recklinghausen wohnten die Wollspinner an der Brandstraße. Sie verdienten ihr Geld als Tagelöhner (1. Hälfte 19. Jahrhundert).

Annette von Droste Hülshoff hat Heidesagen ihrer Heimat in der Ballade »Der Knabe im Moor« zusammengefasst. Die Spinnlenor, der Torfknecht, der die besten Torfstücke »verscheuerte« und vertrank, die um ihre Seligkeit im Jenseits bangenden Geister – alle diese Figuren sind in einer bestimmten Landschaft entstanden. Die einsamen, gefährlichen Moore, die riesigen Heidegebiete ohne Wege, nur »Pättkes« durchkreuzten sie in großer Zahl, hatten eine Atmosphäre, die Spukgeschichten entstehen ließ. (nach Kollmann 126f.)

Bramkamp liegt an der Weiherstr. bei Gladbeck-Zweckel. Kirchhellen ist ein Stadtteil von Bottrop. Scholven ist ein Stadtteil von Gelsenkirchen.

Weiherstraße, Gladbeck (WGS 84: 51.615392° 6.984107°)

Literaturnachweis

  • Adelheid Kollmann, Sagen aus dem alten Vest und dem Kreis Recklinghausenn, Recklinghausen 1994, S. 126f., Literaturnachweis nach Kollmann: Änne Rohr, Gespenstisches aus dem alten Vest, VK 1935, S. 52 f


Hier finden Sie: Weiherstraße, Gladbeck (51.615392° Breite, 6.984107° Länge)

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Diese Sage ist in den bisher erschienen Werken von Dirk Sondermann nicht enthalten. Von ihm erschienen die Bücher Ruhrsagen, Emschersagen, Bochumer Sagenbuch, Wattenscheider Sagenbuch und Hattinger Sagenbuch. Weitere Publikationen sind in Vorbereitung. Bitte beachten Sie auch unsere Veranstaltungshinweise.


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