Die weiße Jungfrau von Elsey

Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet

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alter Brunnen

Jede Nacht, sobald die Glocke elf geschlagen hat, sieht man in dem Dorfe Elsey in der Grafschaft Limburg eine schneeweiß gekleidete Jungfrau. Dieselbe kommt oben von der Rheer Heide, da wo der Galgen steht, geht dann durch das Heekhäuser Feld bis in das Dorf Elsey, wo sie hinter der Kirche herum auf den Stiftsplatz geht, bis an den auf diesem befindlichen Brunnen. Über diesen Brunnen bückt sie sich lange und blickt hinein; dann lässt sie auf einmal einen Eimer hinunter tief in den Brunnen und in das Wasser; wenn sie denselben aber nach oben gezogen hat, so sieht sie geschwind in denselben, bald aber gießt sie aus und lässt ihn von Neuem hinunter und zieht ihn wieder herauf. Dieses wiederholt sie dreimal, bis die Glocke auf dem nahen Kirchturme Mitternacht schlägt; dann geht sie seufzend und händeringend von dem Brunnen weg, wieder hinter der Kirche herum durch das Heekhäuser Feld, bis sie auf der Rheer Heide neben dem Galgen verschwindet. Man erzählt sich, diese Jungfrau sei vor vielen Jahren ein vornehmes Stiftsfräulein in Elsey gewesen. Diese hatte ein Kind bekommen und dasselbe umgebracht und in den Stiftsbrunnen geworfen, und weil sie so vornehm und reich gewesen, hatte niemand ihr etwas darum tun mögen. Als sie nun aber zum Sterben gekommen, da hat der Teufel ihren Leib geholt und denselben unter dem Galgen oben auf der Rheer Heide verscharrt, und ihre Seele kann nicht eher Erlösung finden, als bis sie den Leib ihres toten Kindes wieder hat. Darum muss sie alle Nächte aus ihrem Grabe aufstehen und zu dem Brunnen wandern und dort oben den Leichnam suchen.

Anmerkungen

Das ehemalige Stift Elsey lag in Hagen–Elsey, Im Stift. Friedrich von Isenberg stiftete ca. 1218 das Kloster Elsey an der bestehenden Pfarrkirche und brachte außer der Kirche noch zahlreiche Besitzungen in seine Stiftung ein. Zunächst lebten hier Prämonstratenserinnen. Im 14./15. Jahrhundert wandelte sich das Kloster zu einem adeligen Damenstift, das 1803/1812 säkularisiert wurde. Zur Zeit der Glaubensspaltung wandte sich die Pfarrgemeinde dem evangelischen Bekenntnis zu; das Stift war ein Simultaneum aus katholischen und evangelischen Stiftsdamen.

Nach dem Brand der Klosteranlage im Truchsessischen Krieg (1583-1588) wurden um die Kirche im 17. Jahrhundert mehrere Stiftskurien für die adeligen Stiftsdamen erbaut. Diese Kurien sind heute teils im Besitz der Kirchengemeinde (Pfarrhaus), Elseyer Kirchplatz 6 teils in Privatbesitz. Die evangelische Kirchengemeinde Elsey ist noch heute eine Patronatsgemeinde des Fürsten zu Bentheim-Tecklenburg (auf Schloss Rheda in Rheda-Wiedenbrück). Siehe: Prämonstratenser. Die Rheer Heide liegt in Hagen–Hohenlimburg.

Ehemaliges Stift Elsey, Hagen–Elsey (WGS 84: 51° 21' 33.64" 7° 33' 43.28") an der Im Stift:

Literaturnachweis

  • Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, Nr. 821, S. 773-774. nach Stahl S. 123


Hier finden Sie: Stift Elsey (51.359344° Breite, 7.562022° Länge)

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Diese Sage ist in den bisher erschienen Werken von Dirk Sondermann nicht enthalten. Von ihm erschienen die Bücher Ruhrsagen, Emschersagen, Bochumer Sagenbuch, Wattenscheider Sagenbuch und Hattinger Sagenbuch. Weitere Publikationen sind in Vorbereitung. Bitte beachten Sie auch unsere Veranstaltungshinweise.


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