Die verzauberte Grafenfamilie auf dem Schloßberg

Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet

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Ruine Burg Volmarstein

Vor vielen hundert Jahren wohnte in dem Schlosse Volmarstein eine herzlose Ritterfamilie. Es waren der Graf, die Gräfin und die Prinzessin von Volmarstein. Da sie stockreich waren, wurden sie so übermutig, daß sie sich um die arme Bevölkerung ihres Herrschaftsgebietes, die sein Brot zu essen hatte, nicht kümmerten, sondern sogar arme, hungriger Kinder und Frauen mit der Rute forttrieben. Der Haß und der Zorn der Bevölkerung gegen die Grafenfamilie wuchsen von Tag zu Tag, und mancher heimlicher Fluch wurde gegen die hartherzigen Menschen ausgesprochen. Eines Tages gelang es einer Zauberin, in die Gemächer der gräflichen Familie einzudringen. Als der Besitzer sie auspeitschen wollte, erhob sie die Hand zum Schwur und rief: »Da ihr eure Untertanen schlecht behandelt und hungrige Kinder und Frauen ins Verderben stoßt, so soll in dreimal vierundzwanzig Stunden die Burg in Schutt und Asche liegen. Ihr sollt als Hund, Katze und Hase auf dem Schloßberg euer Unwesen treiben, bis ein Jüngling diesen Zauberbahn lösen wird.« So geschah es auch. Der Graf nahm die Gestalt eines großen, bissigen Hundes an, der seine Kette stets nachschleppen mußte. Die Gräfin wurde eine schwarze Katze mit glühenden Augen. Die Prinzessin nahm die Gestalt eines Hasen an. In der Nacht und auch am Tage trieben diese schreckhaften Gespenster ihr Unwesen und hielten die Volmarsteiner Bürger dauernd in Aufregung. Niemand von den Eingesessenen wagte es, den Schloßberg zu betreten. Eines Tages kehrte ein Fremder in Volmarstein ein. Als er in der Dorfschenke die Geschichte von den drei Gespenster vernahm, faßte er den Plan, dieselben auch zu sehen. Alt und Jung rieten ihm von seinen Vorhaben ab. Da er aber das Herz auf dem rechten Fleck hatte, bewaffnete er sich mit einer Fuhrmannspeitsche und erstieg wohlgemut den Schloßberg. Am Torturm angekommen, sprang plötzlich ein Hase vor ihm auf. Sofort lief er hinterher und schlug mit der Peitsche danach, um denselben einzufangen. In der Nähe des eingestürzten Bergfrieds gelang es ihm, dem Hasen einen kräftigen Schlag beizubringen, daß derselbe hintaumelte. Erfreut über die schöne Jagdbeute wollte er den Hasen greifen, um den ängstlichen Volmarsteiner seinen Fang zu zeigen. Im dem Augenblick, als er zugriff, verwandelte sich der Hase in eine holde, schöne Prinzessin. Blitzschnell sprang sie auf den erschrockenen jungen Mann zu und schloß ihn in ihre Arme. Verdutzt über das unerwartete Ereignis war er nicht in der Lage, die holden Fesseln abzustreifen. Willenlos lag er in ihren Armen. Die Prinzessin erzählte ihn nun, daß sie und ihre Eltern verzaubert seien, weil sie hartherzig gegen arme Menschen gewesen wären. Er aber könne diesen Zauberbahn lösen, wenn er sich entschließen würde, sie auf der Stelle zu heiraten. Entrüstet über dieses Ansinnen entgegnete der Fremde: »ich bin ein Deutscher Mann und halte das Versprechen, welches ich meiner Frau vor Gott und den Menschen gegeben habe«. Nun erhob die Prinzessin ein klägliches Geheul und verwandelte sich allmählich wieder in einen Hasen. Aus den unterirdischen Gängen ertönte daß wütende Bellen des Hundes und das ohrenbetäubende Miauen der Katze. Später haben noch viele Volmersteiner den Hasen gesehen, aber bis heute hat ihn noch niemand einfangen können, um so den Zauberbahn zu lösen. Die Gespenster treiben noch heute ihr Unwesen. Im Volksmund heißen die Gespenster: Schluotrüen, Schluotkatte und Schluothase.

Anmerkungen

Schluot (mundart) steht für Schornstein. Rüen bedeutet Hund, Katte heißt Katze.

Burg Volmarstein (WGS 84: 51.374383° 7.382367°)


Literaturnachweis

  • Uralte Freiheit Volmarstein, 107


Hier finden Sie: Burg Volmarstein (51.374383° Breite, 7.382367° Länge)

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Dieser Text wurde folgendem Buch von Dirk Sondermann entnommen:

Ruhrsagen. Von Ruhrort bis Ruhrkopf.
Bottrop: Henselowsky Boschmann Verlag, 2005
ISBN 3-922750-60-5.





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