Die steinernen Brote von Wetter

Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet

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Burg Wetter, vom Harkortsee aus gesehen
»Die Ruhr strömt in silbernen Windungen, rechts die Höhen des Ardeygebirges bespülend und schlägt jetzt ihren Bogen um die »altberühmte« Burg zu Wetter.« Schücking-Freiligrath

Auf der großen und stark befestigten Burg Wetter im Kreise Hagen wohnte um 1200 ein Graf, der durch seine Hartherzigkeit weit und breit berüchtigt war, wohingegen seine schöne und gutherzige Gattin ohne sein Wissen so manches Gute tat. Als einst Fremde an das Tor der Burg kamen und um ein Almosen baten, ließ der Graf sie ohne Gnade und Barmherzigkeit in das Burgverlies werfen. In einem Hause in der Nähe der Burg lag einundzwanzig Jahre lang ein armer Tagelöhner krank, der sich schon alle möglichen Heilmittel hatte bereiten lassen. Da bat er seine Frau eines Tages, sie möchte versuchen, ein Stück Brot von dem Grafen zu bekommen, durch das allein er noch gesund zu werden hoffte. Die Frau ging, um ihrem sterbenden Mann auch diese Bitte noch zu gewähren, trat zitternd und zagend durch das Burgtor und blieb stehen, um zu warten. Zu ihrem Glück erschien die Gräfin, der sie ihr Anliegen vorbrachte. Die Gräfin war so gerührt, dass sie sich trotz der großen Gefahr entschloß, das Brot zu besorgen. Sie schlich sich in den Keller und verbarg zweieinhalb Brote unter ihrer Schürze. Als sie aus dem Keller trat, kam der Graf, bemerkte, dass sie etwas unter der Schürze hatte und fragte: »Was trägst du da?« – »Da unten lagen einige Steine, die wollte ich heraufbringen!«, war die Antwort. – »Und du trägst Steine?« Mit diesen Worten riss er ihre Schürze fort, und die Brote fielen als Steine nieder. Die Gräfin war aus Furcht in Ohnmacht gefallen, und als sie sich wieder erholt hatte und der Graf sie nach der Ursache ihrer großen Angst fragte, erzählte sie die Geschichte. Von der Zeit an wurde der Graf anders, gab jedem Fremden gern, was er begehrte, und schickte dem kranken Tagelöhner das gewünschte Brot, so dass er bald wieder genesen konnte. Aber seine Gemahlin hatte allen Frohsinn verloren und starb schon nach einigen Jahren. Die steinernen Brote werden in dem Kirchenstübchen der lutherischen Kirche zu Wetter aufbewahrt.

Anmerkungen

Die Höhenburg Wetter an der Freiheit wurde 1250 vom Grafen von der Mark als Bollwerk gegen Burg Volmarstein, ein Besitz des Erzbischofs von Köln am gegenüberliegenden Ruhrufer, erbaut. Am 24. Dezember 1391 verstarb Graf Engelbert III. von der Mark auf der Burg und wurde im Stift Fröndenberg beigesetzt (siehe Sage 136). 1819 errichtete Friedrich Harkort dort seine »Mechanischen Werkstätten«, die Vorläufer des Mannesmann-Demag-Konzerns. Ende des 19. Jahrhunderts war die Burg lange Zeit Domizil des Freiherrn vom Stein, der hier als Leiter des preußischen Oberbergamtes wirkte, ehe er preußischer Wirtschafts- und Finanzminister wurde. Die Ruine der Burg ist einschließlich einer Aussichtsplattform mit Blick auf den Harkortsee, einem Ruhrstausee, zu besichtigen. Von aufbewahrten »steinernen Broten« ist in der lutherischen Gemeinde und im Stadtarchiv zu Wetter nichts bekannt.

Burg Wetter (WGS 84: 51° 23' 21.50" 07° 24' 01")

Literaturnachweis

  • Wehrhan, 108f. (nach Bahne in Sammlung Kohlmann); Spohr (Burgen ...), 169


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Diese Sage folgt der Themenroute 22 – Mythos Ruhrgebiet der Route der Industriekultur des Regionalverbandes Ruhr.
Der RVR bietet zum Thema »Burg Wetter« folgende Informationen.


Hier finden Sie: Burg Wetter (51.389306° Breite, 7.400278° Länge)

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Dieser Text wurde folgendem Buch von Dirk Sondermann entnommen:

Ruhrsagen. Von Ruhrort bis Ruhrkopf.
Bottrop: Henselowsky Boschmann Verlag, 2005
ISBN 3-922750-60-5.





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