Die drei Tänzerinnen

Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet

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Yggdrasil der Weltenbaum

In der Regel verehrten die Germanen ihre Götter weder in Tempeln oder anderen geschlossenen Räumen, noch gaben sie ihnen ein menschenähnliches Aussehen. Statt dessen weihten sie ihren Göttern Lichtungen, Wälder oder einzelne Bäume. Sie stellten sich die Welt als einen Weltenbaum vor, eine immergrüne Esche, Yggdrasil genannt, die Himmel und Erde umspannte. Je eine der drei Wurzeln des Weltenbaumes mündete im Land der Riesen, im Land der Menschen und im Land der Nornen, auch Schicksalsschwestern genannt, die die feinen Fäden des menschlichen Schicksals woben. Die Baumkrone breitete sich über Asgard, dem Sitz der Götter, aus.

Auch die Sachsen, die um das Jahr 700 den größten Teil des heutigen Ruhrgebietes beherrschten, verehrten den Weltenbaum in Form einer Holzsäule. Irminsul nannten sie ihr Zentralheiligtum, das sie in ihrer Hauptfestung, der Eresburg, in der heutigen Ortschaft Obermarsberg im Sauerland errichtet hatten. Der Frankenkönig Karl (im Jahr 800 wurde er zum Kaiser gekrönt zerstörte 772 dieses Heiligtum. Nachdem Karl der Große 803 die Sachsenkriege nach dreißig Jahren siegreich beendet hatte, wurde der unterlegene germanische Volksstamm verstärkt zwangschristianisiert. Die Ausübung ihrer traditionellen Gottesdienste wurde den Sachsen bei Androhung der Todesstrafe verboten. Bäume, die sie vormals verehrt hatten, wurden in der Folgezeit seitens der Kirche als Hexenplätze verleumdet. In Volkssagen begegnen uns häufig geheimnisvolle Bäume, vor allem Linden und Eichen wurden besondere Kräfte nachgesagt. So galt früher eine alte Linde als Schutzbaum eines Hofes oder der gesamten Gemeinde. Im Aberglauben galten alte Linden sogar als Sitz einer Fruchtbarkeitsgottheit, deren Verehrung eine gute Ernte oder reichlichen Kindersegen versprach. Noch aus dem Mittelalter sind kultähnliche Reigentänze um Dorflinden bekannt. Auch in Wattenscheid-Höntrop stand ein solcher sagenumwobener Baum:

»Vor dem alten Wohnhause des jetzigen Bauerngutes Stens in Höntrop stand in früheren Zeiten eine mächtige Linde, die wohl die größte in der ganzen Gegend war. Es war ein prächtiger, uralter Baum. Seine in drei Stockwerken angeordneten Äste bildeten ein dichtes Laubwerk. Zwischen den Ästen waren Bänke angebracht, wo man sich an heißen Sommertagen, wenn man sich in den Stuben vor den Fliegen nicht zu schützen wusste, gern aufhielt. In mondhellen Nächten zeigten sich unter der alten Linde drei wunderhübsche Jungfrauen, die Tänze und Reigen aufführten. Manchmal will man sie dort beobachtet haben.

Als das alte Wohnhaus niedergelegt und das neue errichtet wurde, hat man den altehrwürdigen Lindenbaum gefällt. Seit jener Zeit haben sich die drei nächtlichen Tänzerinnen nicht wieder gezeigt.« 

Anmerkungen

Der ursprüngliche Hof-Stens stand dort wo sich der Eibenweg erstreckt. Den jüngeren Hof Stens kaufte der gleichnamige Landwirt 1867. Dieser Hof hieß vormals Hof Lehnemann und wurde 1367 erstmals urkundlich erwähnt. Er war 1664 der zweitgrößte Hof der insgesamt 143 Bauernhöfe des Niederamtes Wattenscheids. Die Hofgebäude lagen im Bereich der heutigen Straße Am Stenshof 75-93.

Nach Heinrichs wird diese Sage auch vom Hof Spelberg, einem ehemaligen Stensnachbarn, erzählt. Der Hof Spelberg, zuerst 1486 erwähnt, wurde 1956 abgerissen und das Grundstück samt Ländereien bebaut. Er lag am Spelbergs Feld. Spelbergs Busch ging in den Südpark auf.

Hof Spelberg (WGS 84: 51.44055° 7.134383°)

Stenshof (WGS 84: 51.4601° 7.160271°)

Literaturnachweis

  • Grasreiner, 1925, 48f. (F. Leiermann, Rektor, Höntrop);
  • Bröker, 1996, 49;
  • vgl. Heinrichs, 88f.


Hier finden Sie: Stenshof (51.4601° Breite, 7.160271° Länge)

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Dieser Text wurde folgendem Buch von Dirk Sondermann entnommen:

Wattenscheider Sagenbuch.
Essen: Verlag Pomp, 2004
ISBN 3-89355-248-0.



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