Die Zwerge im Schellenberg

Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet

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Eine Zwergenfigur im Hof von Schloss Lamberg, angefertigt 1720 von Johann Baptist Wuntscher

Im Schellenberg bei Castrop hausten seit altersher die Zwerge. An seinen Hängen hütete ein junger Hirt die Kühe. Wenn das Vieh weidete, spielte er auf seiner Flöte. Eines Tages kam die Königin der Zwerge zu ihm und gab ihm einen Auftrag. »Ich muß einem fremden König eine goldene Kette bringen. Du sollst mein Begleiter sein. Sage deinem Vater, er soll dir ein Pferd satteln, ein Brot, einen Lederkoller und ein Kurzschwert geben. Komm zum Schellenberg nach Mitternacht bevor die Sonne aufgeht und die Hähne krähen.« 

Die Zwerge legten während der Nacht etwas Gold in die Schlafkammer, und so ließ ihn sein Vater ziehen. Der Hirte stand zur verabredeten Zeit am Walde auf dem Schellenberg. Begleitet von den Zwergen kam die Königin und kletterte mit Hilfe einer Leiter auf das Pferd des Jungen zur Reise in ein anderes Königreich. Seine Heimat sollte er nicht wiedersehen. Nach einigen Tagen waren sie am Rhein angekommen. Am Abend machte sich der Hirtenjunge auf den Weg zu einer Herberge, um Unterkunft und Essen zu besorgen. Den Zwergen hatte er versprochen, nichts von der goldenen Kette zu erzählen. Nun hatte er aber die schöne Kette angelegt und fiel gleich damit auf. Durchziehende Kriegsknechte schlugen ihn nieder. Nun blutete er aus vielen Wunden, und die Zwergenkönigin starb vor Herzeleid an seiner Brust. Mehr als 100 Jahre warteten die Zwerge im Schellenberg auf ihre Königin, und weil sie ihnen gesagt hatte, sie käme in den zwölf heiligen Nächten zwischen Weihnachten und Dreikönige, zogen sie in dieser Zeit immer wieder zum Eingang der Höhle und warteten – vergeblich. In den 1860er Jahren ging einmal ein alter Hefehändler aus dem Dorfe Rauxel über den Schellenberg nach Hause. Da merkte er, wie das kleine Volk mit Gewisper und Flüstern an ihm vorbei zog. Zunächst hatte er nichts gesehen, denn er war in Gedanken bei seinem Verkauf gewesen und rechnete, wieviel er dabei verdient hatte. Als der Mond hinter einer Wolke hervorkam, sah er, wie die Zwergenschar vom Wege abbog und an dem Kreuze entlang zum Grutholz zog. Er konnte gerade noch einen Nachzügler fragen warum sie wegzögen. Da meinte der Zwerg: »Seitdem ihr Menschen hier Kohle brecht, ist es uns in unserem Berg nicht mehr geheuer. Wir ziehen in ein stilles Land.« Der Hefehändler meinte: »Ich bleibe, wo ich bin. Mich kriegen keine tausend Pferde aus meiner Heimat weg!« Da sah ihn das Männlein an, und Tränen liefen in seinen grauen Bart. Bald war auch es verschwunden, und die Zwerge hat man nie mehr gesehen.

Anmerkungen

An der Straße Schellenberg liegt derselbe. Der Tag der hl. drei Könige ist der 6. Januar. Das Grutholz lag an der Grutholzstr. Mit Lederkoller oder Lederharnisch wurde eine schwere lederne Reitjacke, die als Rüstungsersatz diente, bezeichnet.

Schellenberg (WGS 84: 51.551366° 7.319212°)

Grutholzstr. (WGS 84: 51.563292° 7.32124°)

Literaturnachweis

  • Kollmann, 138f.


Hier finden Sie: Schellenberg (51.551366° Breite, 7.319212° Länge)

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Dieser Text wurde folgendem Buch von Dirk Sondermann entnommen:

Emschersagen. Von der Mündung bis zur Quelle.
Bottrop: Henselowsky Boschmann Verlag, 2006
ISBN 3-922750-66-4.




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