Die Tochter der Hexe

Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet

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In einem kleinen Haus an der Recklinghäuser Stadtmauer wohnte Trine Schonfeld. Das Gärtchen grenzte ans Steintor. Trine lebte dort allein. Ihre Mutter war, wie ihre Enkenmutter, als Hexe verklagt worden. Die Großmutter hatte bei der Folterung zugegeben, was die Richter ihr abverlangten. So hatte sie ihre eigene Tochter der Hexerei bezichtigt. Trine konnte sich noch gut an den Tag erinnern, an dem ihre Großmutter zur Hinrichtung durch das Steintor abgeführt wurde. Sie hatte unter den Zuschauern gestanden und das von der Folterung entstellte Gesicht der Enkenmutter nicht mehr wiedererkannt. Sie wußte, daß Großmutter und Mutter am Galgenplatz in Hochlar, nahe des Seickenkottens hingerichtet wurden. Dieser Kotten war ein Siechenhaus für Aussatz- und Pestkranke.


Einmal kam ihre Tante, die Schwester ihres Vaters, zu Besuch. Trine bot ihr Kirschen aus dem Garten an. Bald danach beschuldigte die Verwandte ihre Nichte, sie habe versucht, sie mit Kirschen zu vergiften. Das Mädchen wurde von den Henkersknechten abgeholt und zur Horneburg gebracht. In den tiefen Festungskellern hielt man sie gefangen und prüfte, ob sie eine Zauberin sei. Doch Trine hielt auch in der Folter stand. Sie erklärte sich für unschuldig. Den Richtern gelang es nicht, sie der Hexerei zu überführen. Man mußte sie entlassen. Sie war bis an ihr Lebensende gezeichnet von den Wunden der Folterungen.

Anmerkung

Enkenmutter bedeutet Großmutter (Enkelmutter). Der Seickenkotten wurde mit dem Bau des Zechenbahndamms der ehemaligen Zeche Blumenthal 1874 abgerissen. Dort wo die Akkoallee in Recklinghausen - Hochlar an der Stadtgrenze zu Herten auf die stillgelegte Zechenbahn trifft, lag der Seickenkotten. Das 1332 erstmals schriftlich erwähnte, gräftenumgebene Schloss Horneburg liegt in Datteln - Horneburg an der Horneburger Str. 39/ Ecke Schloßstr. Heute ist dort ein Förderschulinternat untergebracht. Die Anlage ist nur von der Straße aus zu besichtigen.

Seickenkotten (WGS 84: 51.603917° 7.1633°) Schloss Horneburg (WGS 84: 51.6315° 7.295°)

Literaturnachweis

  • Kollmann, 72 nach: Hermann Gerold’s ``Skizze aus bewegter Zeit» in: VK 1928, 54ff.


Hier finden Sie: Seickenkotten (51.603917° Breite, 7.1633° Länge)

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Dieser Text wurde folgendem Buch von Dirk Sondermann entnommen:

Emschersagen. Von der Mündung bis zur Quelle.
Bottrop: Henselowsky Boschmann Verlag, 2006
ISBN 3-922750-66-4.




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