Die Sage vom Marienhof in Elfringhausen

Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet

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»Im Bergischen Lande ein Kirchlein steht, gefügt in des Hofes Gebäude. Sein Glöcklein ruft Wanderer zum Opfergebet, und wer seinen Lichtstrahl im Dunkel erspäht, dem winkt ein Geheimnis der Freude.« 

(wohl von Schwester Maria von Weichs zur Wenne)

Schon lange bevor die Kapelle am Marienhof erbaut wurde, kündete eine Sage von einem nächtlichen Feuerschein am Marienhof. Keiner traute sich nachts dort zu verweilen. Wenn zur Mitternachtsstunde die einsamen Höhen von gespenstigen Schatten umzogen wurden, sah mancher späte Wanderer auf dem Hof Flammen geheimnisvoll lodern. Ob wohl Geister dort umgehen? Die Großmutter erzählte ihren Kindern die geheimnisvolle Sage:

»Einer eurer Vorfahren, ein mutiger Knecht, einst nahte dem glühenden Licht. Er sah keinen Holzscheit, nicht Kohle, nicht Rauch, da war keine Hand, die das Feuer entfacht! »Das zünden Geister mit ewigem Hauch! Dort wird wohl ein Goldhorn (Schatz) der Vorzeit bewacht.«  Und niemand konnt’ löschend die Flamme bezwingen! Es war keine sengende Glut, das Feuer umlohte mit leuchtenden Schwingen des Hofes Gemäuer, als wollt’ es ihm bringen ein heilwirkend wundersam Gut. Doch mochten die Menschen auch suchen und graben, den Schatz sollte keiner je finden und haben. Die Urahne konnte den Enkeln auch sagen, woher der Schatz wohl gekommen: Es war einst in kriegerisch drohenden Tagen auf heimlicher Flucht zum Gehöft getragen, dem Stiftsgut zu Essen entnommen.« 

Weiter kündet die Sage, das einst das Felderbachtal (Felderbachstr.) zum Stift Essen gehörte. Als einst Glaubenskämpfe das Land erschütterten wurde wohl heim­lich der dem Stift geraubte Schatz auf dem Hof vergraben. Nachdem sich die Reformation durchgesetzt hatte, geriet der Hort wohl in Vergessenheit. Niemand hob den Schatz. »Zur Nachtzeit nur glühet sein Schein. Den Schatz, den katholische Zeiten gegeben, kann nur der katholische Glaube erheben.«  (So lautet die Sage.)

Nun lodert das Schatzfeuer nicht mehr. Stattdessen ruft die Glocke der Kapelle auf dem Marienhof zum andächtigen Gebet. Der Schatz, der heute dargeboten wird, ist die beim Abendmahl gereichte (kostbare) Hostie: »Da findet der Glaube das kostbare Gut in Händen, die opfernd es heben; der Reichtum des Himmels verborgen hier ruht; erlösende Liebe in heilender Glut gibt Menschen ihr göttliches Leben.« 

Anmerkungen

Der 1350 beurkundete Hof »op dem Felde«, später Fellershof wurde nach einem Besitzerwechsel Anfang des 20. Jahrhunderts »Marienhof« genannt. Der Anbau der katholischen Kapelle im weitgehend protestantisch geprägten Gebiet erfolgte 1931. Der Hof diente als Schwesternerholungsheim. 1982 wurde dort die letzte katholische Messe zelebriert. Die ehemalige Kapelle dient heute als Ver­anstaltungsraum. Der Marienhof an der Felderbachstr. 60 (gegenüber dem Bandwebereimuseum) wird heute als biologisch-dynamischer Demeterhof geführt. Eine Hostie bezeichet das zum Abendmahl dargereichte scheibenförmige Brot. Um 770 legt Karl der Große während des Krieges gegen die Sachsen auf dem Burgplatz in Essen eine nicht mehr vorhandene Festung an. Um 850 gründet Bischof Altfrid von Hildesheim an (fast) gleicher Stelle das Damenstift Essen als Versorgungsanstalt für unverheiratete Damen des Hochadels, das sich zu einem der reichsten und bedeutendsten Reichsstifte entwickeln sollte. Um 1200 war Friedrich von Isenberg Vogt (Verwalter) der Abtei Essen. Die Beschwerde der Fürstäbtissin über ihn bei Papst Honorius III. markiert den Beginn einer Auseinandersetzung mit reichspolitischen Folgen, die in dem gewaltsamen Tod des Reichskanzlers und Erzbischofs von Köln, Engelbert von Berg gipfelte (siehe »Zum historischen Hintergrund der Hattinger Sagen«). 1802 wird das Stift aufgehoben und von Preußen in Besitz genommen. Preußen wurde auch mit dem Stift Essen und der Abtei Werden für seine an Napoleon gefallenen linksrheinischen Gebiete entschädigt. Die jetzige Münster­kirche des ehemaligen Stiftes ziert ein großartiger ottonischer Westbau aus der Zeit um 1060. Der Gründer des Stiftes, Bischof Altfrid, ist in der Krypta beigesetzt. Die »Goldene Madonna« von 980 und viele weitere Sehenswürdigkeiten von abendländischer Bedeutung zieren die Münsterkirche. Die angeschlossene Dom-Schatz­kammer ist eine der bedeutendsten Europas (geöffnet außer montags täglich von 11.30 bis 17 Uhr). Die Münsterkirche liegt an der Kettwiger Str. /Ecke Burgplatz in Essen.

Marienhof (WGS 84: 51.337295° 7.175531°)

Literaturnachweis

  • nach: Elfringhauser Heimatschriften, Bd. 4, Hrsg. Heimatverein Elfring-hausen, o.O., o.J.: DIE SAGE AM MARIENHOF IN ELFRINGHAUSEN (Volksgut); in den »Hattinger Sagen« wurde der Text zum Teil in Prosa gesetzt. „Wir fanden die Sage in der CHRONIK VOM MARIENHOF, nieder­geschrieben von SCHWESTER REGINA VATTEROHT bis zum 11.01.1956. Da die Schwester aber nur kurze Zeit in Elfringhausen verbrachte, müssen schon vorher ausführliche Niederschriften erfolgt sein. Dabei sind wir auf die SCHWESTER MARIA VON WEICHS ZUR WENNE gestoßen, die von 1933 bis Juli 1945 auf dem Marienhof tätig war und die sich nebenbei auch noch schriftstellerisch betätigte. Da die SAGE VOM MARIENHOF mit »S.M.« signiert ist, könnte das »Schwester Maria« bedeuten. Nach reichlicher Über­legung kommen für die Überlieferung der Sagen nur zwei Personenkreise infrage: die Familie Siepermann, in deren Besitz der Hof jahrhundertelang war und die Chronik des Stiftsgutes zu Essen. Hier müsste man noch einmal nachforschen.“


Hier finden Sie: Marienhof (51.337295° Breite, 7.175531° Länge)

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Dieser Text wurde folgendem Buch von Dirk Sondermann entnommen:

Hattinger Sagenbuch.
Essen: Verlag Pomp, 2007
ISBN 978-3893552542.



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