Die Marmorsäule in der Essener Münsterkirche
Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet
- »Das Münster zu Essen (ist) eine der für die Kunstgeschichte merkwürdigsten Kirchenanlagen ... Die Krypta ist zudem von ... höchst alterthümlicher Architektur« Schücking-Freiligrath
Zum Schmuck der Münsterkirche war einer Essener Äbtissin von Rom aus eine prächtige alte Marmorsäule geschenkt. Dankbar nahm sie die wertvolle Gabe entgegen, wusste aber nicht, wie sie dieselbe aus so weiter Ferne nach Essen schaffen sollte. Da bot ihr der Satan seine Hilfe an, wenn sie ihm ihre Seele verschriebe, und nach langem Zögern nahm die ratlose Frau des Höllenfürsten Anerbieten an unter der Bedingung, dass die Säule vor dem Aveläuten am Vorabend des Dreikönigsfestes in ihrer Kirche stehen müsse. Früh genug, wie er glaubte, langte der Teufel denn auch an jenem Tage vor dem Kettwiger Tore am Kalkhofsteiche an, aber noch ehe er von dort die nahe Kirche erreichte, fingen die Glocken, von unsichtbarer Hand gezogen, zu läuten an – und der Äbtissin Seele war ihm verloren. Ergrimmt warf er die schwere Last zu Boden, dass sie barst, doch trübte dieser Schaden nicht die Freude der Äbtissin, die die Säule im Westchor des Münsters aufstellen ließ und zum Andenken an die wunderbare Rettung verordnete, dass alljährlich am Dreikönigabend die Armen am Kalkhofsteiche mit Reis gespeist würden.
Anmerkungen
Die antike Marmorsäule, eine Stiftung der Äbtissin Ida (gest. 971), steht im Altarraum der Münsterkirche, die ein großartiger ottonischer Westbau aus der Zeit um 1060 ziert. Der Gründer des Stiftes, Bischof Altfrid ist in der Krypta beigesetzt. Die »Goldene Madonna« von 980 und viele weitere Sehenswürdigkeiten von abendländischer Bedeutung zieren die Münsterkirche. Die angeschlossene Dom-Schatzkammer ist eine der bedeutendsten Europas (Geöffnet außer Montags täglich 11.30–17 Uhr.). Das Stift Essen wurde 1803 aufgehoben. Die Münsterkirche liegt an der Kettwiger Str./Ecke Burgplatz. (siehe auch die geschichtliche Einleitung zu Essen) Das Kettwiger Tor stand nördlich des Hauptbahnhofes an der Kettwiger Str. Südlich des ehemaligen Kettwiger Tores lagen vormals Teiche an der Brunnenstr. im Bereich des jetzigen Stadtgartens, den auch heute noch eine Wasserfläche ziert. In diesem Umfeld dürfte der Kalkhofteich gelegen haben. Der Dreikönigstag ist der 6. Januar.
Münsterkirche (WGS 84: 51.455949° 7.014057°)
Multimedia
Gelesen von Gisela Schnelle-Parker, Aufnahme und Bearbeitung von Robin Parker.
Literaturnachweis
- Bahlmann, 1922, 137f. (nach Fr. Müllers, Die Marmorsäule usw., Drei Vorträge in der 1. allg. Versammlung des hist. Vereins für Stadt und Stift Essen, Essen 1881, 12f.)
Hier finden Sie: Münsterkirche (51.455949° Breite, 7.014057° Länge)
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Dieser Text wurde folgendem Buch von Dirk Sondermann entnommen:
Bottrop: Henselowsky Boschmann Verlag, 2005
ISBN 3-922750-60-5.
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