Der versunkene Bauernhof

Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet

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Schloss Cappenberg

Nicht weit von dem Schlosse Cappenberg liegt ein Waldbezirk, der den Namen »Kohusholz« führt. Mit diesem Namen hat es eine besondere Bewandtnis. Dort wohnte vor vielen Jahren ein Bauer, welcher Kohus hieß. Dieser hatte ein schönes, großes Wohnhaus, mehrere Scheunen und viele Ställe. Seine ausgebreiteten Äcker trugen reiche Frucht, und die üppigen Weiden und Wiesen nährten viel Kühe und Schafe. Der Bauer Kohus wohnte auf seinem Hofe frei und unbeschränkt, wie ein Fürst in seinem Reiche. Er war aber ein finsterer und verschlossener Mann und hielt streng darauf, dass ihm jeder seiner Angehörigen und Untergebenen aufs Wort gehorchte. Um seine Nachbarn kümmerte er sich nicht. Die Bewohner der nächsten Ortschaft wollten deshalb nichts von ihm wissen und mieden möglichst seinen Hof. Auch kein Bettler oder fahrender Sänger betrat zum zweiten Male sein Besitztum, denn solche Leute ließ er mit bösen Hunden davonjagen. In der Klosterkirche zu Cappenberg sah man weder ihn noch seine Angehörigen und Knechte und Mägde beim Gottesdienste, wiewohl er häufig von dem Propste und den Mönchen ermahnt worden war. Ja, die frommen Kirchengänger sahen an Sonn- und Feiertagen, wenn sie an dem Hofe vorbeikamen, wie der Bauer Kohus eifrig beschäftigt war, die Felder zu bearbeiten oder die Frucht einzufahren. Für ihn gab es keinen Sonn- und Feiertag. So wirtschaftete er jahrelang zum Entsetzen der umwohnenden Nachbarn.

In einem Winter fiel sehr viel Schnee, so dass monatelang die Wege verschneit waren und kein Nachbar zu dem andern gelangen konnte. Als nun die Frühlingssonne den Schnee weggeleckt hatte, kamen nach langer Pause die Kirchgänger auch wieder nach Cappenberg, um in der Klosterkirche Gott zu danken für den erwachten Frühling. Unterwegs hatten sie scheu hinübergesehen nach dem Hofe des Bauern Kohus, aber keiner hatte ein Gebäude entdecken können. Bald verbreitete sich das Gerücht, der Bauernhof sei mit Mann und Maus von der Erde verschlungen. Mutige und Neugierige, welche die Stätte besuchten, wo der gottlose Bauer gewohnt hatte, sahen an der Stelle eine breite Erdspalte. Da das Besitztum herrenlos geworden war, bepflanzten die Mönche von Cappenberg die verlassenen Äcker und Wiesen mit Bäumen, so dass sich auf dem früheren Bauernhofe bald ein schöner Wald erhob. In der Weihnachtszeit, wenn die Gläubigen in die Uchte nach Cappenberg ziehen, will der eine oder andere an der Stelle ein hell erleuchtetes Bauernhaus gesehen haben, woraus man das Brüllen der Kühe und das Dreschen der Knechte hörte. Sonst wird dieser Ort bei Nacht sehr gemieden, und jeder bekreuzigt sich, wenn er in einem Bogen das »Kohusholz« umgeht.

Anmerkungen

Das Kohusholz liegt unweit von Schloß Cappenberg im Forst Cappenberg an der Straße Am Kohuesholz im Grenzbereich von Selm und der Stadt Werne. Schloss Cappenberg liegt an der gleichnamigen Straße in Selm–Cappenberg (siehe Die Stiftung Cappenbergs).

Schloss Cappenberg (WGS 84: 51.651046° 7.538981°)

Kohuesholz (WGS 84: 51.670399° 7.554388°)

Literaturnachweis

  • Dietmar Sauermann, Sagen aus Westfalen, Husum 1980, Nr. 49


Hier finden Sie: Schloss Cappenberg (51.651046° Breite, 7.538981° Länge)

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Diese Sage ist in den bisher erschienen Werken von Dirk Sondermann nicht enthalten. Von ihm erschienen die Bücher Ruhrsagen, Emschersagen, Bochumer Sagenbuch, Wattenscheider Sagenbuch und Hattinger Sagenbuch. Weitere Publikationen sind in Vorbereitung. Bitte beachten Sie auch unsere Veranstaltungshinweise.


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