Der unheimliche Turm von Haus Langendreer

Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet

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Eckturm der Ringmauer von Haus Langendreer

Das einst wasserumwehrte Haus Langendreer wurde um 1200 erstmals erwähnt. Hier wohnten die Ritter von (Langen-)Dreer. Heute ist auf dem Burggelände, gegenüber der S-Bahnhaltestelle, Am Leithenhaus eine Schule untergebracht. Links neben dem Eingang der Anlage steht ein alter Turm. Ursprünglich zu Verteidigungszwecken errichtet, diente er wohl ab 1611 als Gefängnis. Viele Spukgeschichten ranken sich um den »unheimlichen Turm«:

Wie die Leute erzählen, birgt er außer Sensen und Beilen auch eine Köpfmaschine. Ein unterirdischer Gang führte zu einem weiteren, reich mit goldenen Kannen und Essgeschirr ausgestatteten Turm. Bänke und Richtstühle standen an den Seiten – kein Wunder, denn hier hat der Teufel persönlich über seine Anhänger Gericht gehalten. Das Grab eines Unbekannten ist ebenfalls in dem Turm verborgen; bis in alle Ewigkeit verdammt, kann er im Tod keine Ruhe finden. Allnächtlich entsteigt er seiner kühlen Gruft und wandelt im Treppenhaus der Burganlage ruhelos umher. Wehe dem Menschen, der zu fortgeschrittener Stunde das Gemäuer betritt. Mit grauenhaftem Geheul stürzt sich das Gespenst dann auf den Eindringling.

Nur einem alten Mann, der ebenfalls im Haus Langendreer wohnte, war es vergönnt, direkten Kontakt mit den Burggeistern aufzunehmen. Seltsam war auch er – so besaß er eine sehr sonderbare Katze, deren Augen sich dort befanden, wo normalerweise die Stirn ist. Über Katzen, Hunde und Eulen hatte er eine geheimnisvolle Kraft; wie gebannt folgten sie seinen Befehlen. Auch die anderen Haustiere der Burg schienen verhext zu sein. Im verfallenen Stall stand ein weißer Esel, der nicht »Iah«, sondern einer Katze gleich »Miau« schrie.

Eine Tanne, mehrere tausend Jahre alt, dient mitternachts als Versammlungsstätte der Geister von Haus Langendreer. Dort salben sie sich mit dem Harz der Tanne, die weit in die Nacht hinein ihren eigentümlichen Geruch verbreitet.

Auch in dem erwähnten unterirdischen Gang geht es nicht mit rechten Dingen zu. Oft hörten die Langendreerer ein Schreien und Stöhnen tief unten aus dem Gang ertönen. An der Oesterheide soll er wieder ans Tageslicht gekommen sein, andere meinen, er mündete in einen Turm südlich der Hasselbrinkstraße, genau weiß man es heute leider nicht mehr zu sagen. Jedenfalls stand am Ende des Ganges eine Birke, unter der sich zu mitternächtlicher Stunde ebenfalls Spukwesen versammelten. Dass es sich um keine gewöhnliche Birke gehandelt haben kann, liegt auf der Hand, denn abends begann sie plötzlich aufzuglühen und tauchte das gespenstische Geschehen in ein unwirkliches Licht. Einen wahren Höllenlärm veranstalteten die Untoten, sie verschwanden aber am Ende der Geisterstunde mit Getöse und Gepolter wieder in die Erde. Bis in die Stollen und Schächte der angrenzenden Tiefbauzechen war das Spektakel zu hören, und oftmals sprachen die Bergleute ängstlich von den seltsamen Ereignissen.

Ein Langendreerer machte vor einiger Zeit unfreiwillig die Bekanntschaft mit einem der Geister. Unweit der Birke begegnete er einer Gestalt, die immer näher und näher auf ihn zukam – noch ein paar Meter – jetzt sah er sie deutlich – grauenvoll – ein Knochengerippe im weißen Gewand stand vor ihm. So schnell er konnte, lief er fort, doch das Gespenst hinterher: »Warte, du Hund, jetzt sollst du büßen!«, hörte der Mann hinter sich herrufen. Mit letzter Kraft, völlig erschöpft, kam er zu Hause an. Gerettet! Liegt ein Fluch über dem alten Rittersitz von Langendreer?

Kein Ort innerhalb dieser Anlage scheint ohne Spuk zu sein. Selbst in den Burgraben ist ein Geist gebannt, aus dem Schilf hört man es klagen: »Hier wohne ich allein... allein!«

Der Ort (Langen-) Dreer wird erstmals um das Jahr 880 im Verzeichnis der Bauernhöfe, die der Benediktinerabtei Werden abgabenpflichtig waren, urkundlich erwähnt. Damals schrieb man noch »Threiri«. Der Ortsname wurde fälschlicherweise in der Folgezeit von drei (threi-) Langendreerer Bächen (-ri), Ölbach, Salbach und Eschbach, abgeleitet, die auch in das Wappen des Ortes Aufnahme fanden. Drei waagerecht übereinander liegende silberne Wasserläufe auf rotem Grund zieren dieses Wappen. Der Name Langen-dreer begegnet uns erstmals im Jahr 1338, tatsächlich weist er wohl auf die langgestreckte Lage des Ortes hin.

Haus Langendreer (WGS 84: 51.4768° 7.325317°)

Literaturnachweis

  • Wehrhan, 30f.; Tetzlaff, 13


Hier finden Sie: Haus Langendreer (51.4768° Breite, 7.325317° Länge)

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Dieser Text wurde folgendem Buch von Dirk Sondermann entnommen:

Bochumer Sagenbuch.
Verlag Pomp, 2004
ISBN 978-3893550678.




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