Der behaarte Arm

Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet

Wechseln zu: Navigation, Suche

Frau Christel Sondermann, die Mutter des Herausgebers, teilte ihm am 15. November 1990 folgende moderne Sage mit:

Die Inhaberin einer Modeboutique in Wiemelhausen erzählte, dass eine ihrer Kundinnen in einer Hochgarage der Bochumer City geparkt hatte, um anschließend Einkäufe zu tätigen. Als die Frau zu ihrem Wagen zurückkehrte und gerade einsteigen wollte, wurde sie von einer älteren Dame gefragt, ob sie sie wohl mitnehmen könne, da man ihre Geldbörse samt Papieren gestohlen habe und sie nicht nach Hause zu kommen wisse. Die Frau sagte, sie bitte die Fahrerin wegen ihres Herner Autokennzeichens um die Mitfahrgelegenheit, denn sie wohne ebenfalls in Herne. Die Wagenhalterin hatte nichts dagegen einzuwenden, worauf die ältere Dame einstieg. Während des Ausparkens fiel der Beifahrerin etwas auf den Boden des Wagens; als sie danach griff, rutschte ihr Ärmel hoch, und ein stark behaarter Arm kam zum Vorschein. Die Fahrerin sah nun genauer hin und bemerkte, dass die vermeintliche Frau in Wahrheit ein verkleideter Mann war. Sie ließ sich aber nichts anmerken und bat die Person, kurz auszusteigen, um den Wagen aus der Parklücke zu dirigieren. Kaum war die entlarvte Anhalterin ausgestiegen, drückte die Fahrerin den Verriegelungsknopf der Beifahrertür herunter und fuhr schnellstmöglich davon.

Kurz darauf brachte die Frau den Fall bei der Polizei zur Anzeige, wobei sie auch die Tasche vorlegte, die von der Person im Wagen zurückgelassen worden war. Ein Polizeibeamter öffnete sie, und zum Vorschein kamen: zwei Messer, ein Strick, ein Schlagring und K.O.-Spray. Was die »ältere Dame« damit vorgehabt hatte, kann man sich denken.

Diese Sage gehört zum Motivreigen des »verschwundenen oder gefährlichen Anhalters« (vanishing hitchhiker) und gilt fälschlicherweise als der »Prototyp einer modernen Sage«. Sie ist in vielen modernen Großstädten Europas und der USA nachgewiesen. Eine Urform dieser Sage geht jedoch auf das Jahr 1834 zurück und spielt im England des Kutschenzeitalters. Sie ist also ein gutes Beispiel für das Fortleben alter Sagenstoffe in der heutigen technisierten Zeit.

In der Bochumer Innenstadt gibt es zwei Hochgaragen: eine liegt gegenüber der Brückstraße /Ecke Gerberstraße, die andere am Südring neben dem Hauptbahnhof.

Hochgarage an der Brückstrasse (WGS 84: 51.483204° 7.218415°)

Literaturnachweis

  • Vgl. Brednich, 1990, 14f., 28-30


Hier finden Sie: Hochgarage an der Brückstrasse (51.483204° Breite, 7.218415° Länge)

Diesen Ort mit weiteren Geodiensten anzeigen. Weitere Sagen aus Bochum.



Dieser Text wurde folgendem Buch von Dirk Sondermann entnommen:

Bochumer Sagenbuch.
Verlag Pomp, 2004
ISBN 978-3893550678.




Der Text ist urheberrechtlich geschützt. Nähere Informationen: siehe Impressum.

Ruhr2010Logo
Redaktion