Der Zug der Nibelungen durch die »Isenberger Furt« an der Ruhr

Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet

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Siegfrieds Tod

Nach dem Dortmunder Privatgelehrten Ralf Koneckis sollen die Nibelungen zehn Jahre nach Siegfrieds Ermordung durch Hagen von Tronje bei ihrem Zug in den Untergang am Hofe König Etzels durch Hattingen gezogen sein.

Rufen wir uns kurz die wesentlichen Inhalte des Nibelungenliedes ins Gedächtnis zurück: Siegfrid, der Drachentöter und Herr des Nibelungenhortes, hilft dem Burgunder­könig Gunther bei der Werbung um Brünhild. Siegfried hat diese mittels einer Tarnkappe für Gunther beim nächtlichen Kampf in ihrem Schlafzimmer bezwun­gen. Die Braut hält Gunther für ihren Überwinder. Zum Dank bekommt der Held Krimhild, Gunthers Schwester zur Frau. Als die beiden Frauen auf der Treppe des Wormser Domes um die Ehre des Vortritts streiten, wirft Krimhild Brünhild die Wahrheit an den Kopf. Brünhild will Rache und findet in Hagen von Tronje den Vollstrecker ihrer Mordgelüste. Durch List erfährt Hagen von Krimhild die einzige Stelle an Siegfrieds Körper, die das Drachenblut nicht benetzt und damit unver­wundbar gemacht hat. Bekanntlich fiel ihm beim Bade im Drachenblut ein Linden­blatt auf die Schulter. Ebendort lässt er von Krimhild ein Kreuz auf des Helden Gewand sticken, angeblich, um Siegfrid somit im Kampf besser schützen zu können. Bei einem Jagdausflug ersticht Hagen den an einer Quelle knienden Helden von hin­ten durch die markierte Stelle und versenkt später den Nibelungenschatz im Rhein. Das Hagendenkmal in Worms stellt diesen Vorgang dar. Jahre darauf heiratet die Witwe den Hunnenkönig Etzel (Attila) und lädt nach zehn Jahren ihre Verwandten an den Hof (bei Budapest in Ungarn) ein, um blutige Rache zu nehmen. Die Burgunder ziehen ihrem sicheren Untergang entgegen. In »Nibelungentreue« dem Schicksal ergeben, fielen in gewaltigen Kämpfen viele Hunnen und alle Burgunder, schließlich auch Hagen und Krimhild.

Immer wieder streiten sich die Nibelungenliedforscher, wo genau der mehr als tausend Kilometer lange »Nibelungenzug« von Worms in Rheinland-Pfalz nach Esztergom bei Budapest an den Hof Etzels hergeführt haben könnte. Der Heraus­geber dieses Buches ist einige Tagesmärsche mit Freunden auf der sogenannten »Nibelungenstraße« gewandert. Die Nibelungenstraße hat einige Nebenstraßen, da jeder Ort versucht, wenigstens eine sagenhafte Begebenheit bei sich anzusiedeln, um Touristen anzulocken. Dabei schwindeln die Fremdenverkehrsmanager, dass sich die Balken biegen. So stehen mit Grasellenbach, Hiltersklingen und Heppenheim allein drei Orte in Hessen zur Auswahl, an welchen Siegfried erdolcht worden sein soll.

Bei näherer Betrachtung der Thidreksaga, wird die Orientierung noch schwieriger. Die Nibelungenstraße müsste gänzlich verlagert werden. Die Saga verlegt nämlich König Etzels Hof von Budapest nach Soest in Westfalen!

Natürlich gibt es auch für diese Strecke verschiedene Routen. Zum Beispiel lässt Ritter-Schaumburg die Helden von Virmenich über Burg Bakalar, die er an der Dhünn (einem rechten Nebenfluss des Rheins) bei Leverkusen vermutet, durchs Bergische Land über Dortmund nach Soest reiten. Ralf Koneckis machte sich nun die Meinung der angesprochenen drei Dortmunder Heimatforscher zu eigen, Burg Bakalar sei im Hattinger Raum zu finden. Er bietet seit Mai 1998 ab der Stadt Langenfeld im Rheinland 60 Kilometer lange Fahrradausflüge unter dem Motto an: »Der Westfälische Niflungen Ritt« (Niflungen: Name der Nibelungen in der Thidreksaga). Es heißt in der Tourankündigung: »Ralf Koneckis, Historiker aus Dortmund und Niflungenforscher aus Leidenschaft, wird uns diesmal Hagen von Tronjes mutmaß­lichen Weg nach Soest zeigen, der von der Wuppermündung aus über Leichlingen, Solingen, Wuppertal, Velbert bis nach Bochum-Baak, unserem Ziel, und von dort aus weiter führte.« Haus Laer, im gleichnamigen Stadtteil Bochums gelegen, dass der Historiker mit der Nibelungenburg Bakalar gleichzusetzen geneigt ist, wäre sein nächstes Ziel. Mit Baak ist Hattingen-Winz-Baak, beziehungsweise der angrenzende Baaker Berg an der Baaker Straße in Bochum-Sundern gemeint. Die oben genannte Burg Bakalar veranlasste die Heimatforscher zu folgenden Überlegungungen: In dem Wort Bak-alar könnten zwei Ortsnamen enthalten sein:

1. Baak in Hattingen an der Ruhr (hier sollen die Helden im Jahr 462 vorbeigezogen sein, nachdem sie die Ruhrfurt unterhalb der Isenburg durchschritten hatten und anschließend in der ehemaligen Wasserburg Rauendahl gerastet haben); 2. könnte -lar auf den alten Rittersitz Haus Laer im gleichnamigen Bochumer Stadtteil deuten. Und schon haben wir die alte Nibelungenburg Bakalar als Haus Laer in unserer Heimat geortet. Zwar wurden Haus Laer erst 500 Jahre und Haus Rauendahl mehr als 700 Jahre nach dem legendären Nibelungenzug beurkundet, jedoch setzt Koneckis eine frühere Besiedelung dieser Orte voraus.

Anmerkungen

Das in mehr als 30 Handschriften überlieferte mittelhochdeutsche Epos wurde von einem unbekannten Dichter um 1200 im Benediktinerkloster Lorsch (?) bei Worms verfasst und wird als das bedeutendste Werk der höfisch­staufischen Dichtung angesehen. Zwei Sagenreigen wurden verarbeitet: 1. Der Burgunderuntergang knüpft an die historische Vernichtung des germanischen Burgunderreiches um Worms durch die Hunnen unter Attila (Etzel) im Jahre 436 und an den Tod Attilas in seiner Hoch­zeitsnacht an (Reste des Volkes siedelten später im nach ihnen benannten Burgund im heutigen Frankreich). 2. Die Brunnhild-Siegfried Sage, aus der auch Richard Wagner reichlich Stoff für sein Opernepos »Der Ring des Nibelungen« zog. Die Thidreksaga entstand im 13. Jahrhundert. Erzählt wird die Sage von Dietrich von Bern (dem historischen Ostgoten, Kaiser Theoderich der Große, der 455–526 lebte), einem Helden des Nibelungenliedes. Die Thidreksaga wurde angeblich von niederdeutschen Hansekaufleuten in Bergen/Norwegen erzählt und danach von den Einheimischen ins Altnordische übersetzt. Laer ist schriftlich erstmals um 890 im Abgabenregister der Benediktinerabtei (Essen-) Werden als Lahari nachgewiesen. Lahari wird meist als Moor oder Sumpf­gelände gedeutet. Das wasserumwehrte Haus Laer liegt an der Höfestr. 45 in Bochum-Laer. Dieses älteste Profangebäude, also nichtkirchliche Gebäude Bochums, war um 1200 ein zum Lehen vergebener Rittersitz der Grafen von Isenberg. Die Holzfundamente wurden schon um das Jahr 940 angelegt. Die Ruhrfurt unterhalb der Isenburg wird gemeinhin »Kölner Furt« genannt. Baak wird wohl vom Wort »back« für Schüssel abgeleitet und soll auf die mulden­artige Geländeform hindeuten. Haus Rauendahl wurde um 1180 errichtet. Nachzutragen bleibt, dass manche Wissenschaftler der Ansicht sind, die Sagen um Siegfried, den Drachentöter, seien eine späte literarische Verarbeitung der Hermannsschlacht, in der Hermann (Arminius), der Cherusker, den römischen »Drachen«, also das römische Heer bezwang. Demnach wären Siegfried und Hermann miteinander identisch.

»Jedermann sollte es (Das Nibelungenlied) lesen, damit er nach dem Maß seines Vermögens die Wirkung davon empfange …«  (Johann Wolfgang von Goethe)

Haus Laer (WGS 84: 51.46385° 7.272417°)

Literaturnachweis

  • Ritter – Schaumburg; Der Spiegel Nr. 40, 1975, 222-225; Die Spur des Drachen, in: Der Spiegel, Nr. 20, 2005, S. 148–159


Hier finden Sie: Haus Laer (51.46385° Breite, 7.272417° Länge)

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Dieser Text wurde folgendem Buch von Dirk Sondermann entnommen:

Hattinger Sagenbuch.
Essen: Verlag Pomp, 2007
ISBN 978-3893552542.



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