Der Wallmeister

Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet

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Datei:Befestigung Dorsten 17 Jh.jpg
Befestigung Dorsten im 17. Jhd.

Als Dorsten das Recht erhielt, seine Stadt mit Gräben, Wällen und festen Toren zu umgeben, holte man sich einen Mann, der das große Werk leiten sollte. Die Arbeiten verrichteten die Bauern aus der Umgegend und die Bürger der Stadt. Der Wallmeister war ein starker und jähzorniger Mann. Er konnte es nicht ertragen, dass Leute sich von der schweren Arbeit ausruhten. Sah er das, ging er auf die Fronarbeiter zu, schrie sie an und beschimpfte sie. Wenn er sich mit seiner Peitsche den Männern näherte, erschraken sie, wandten sich ab und verbargen ihr Gesicht mit den Händen. Seine Stimme hallte über die Baustelle: »Ihr verwünschten Hunde, ihr Hunde!« Schon sauste die Peitsche über Rücken und Gesichter der Männer. Manche Verwünschungen und Flüche galten dem Wallmeister. Der wurde nicht alt. Nach seinem Tode musste er als Hund durch die Hohlwege ziehen, die auf die Stadt zugingen. Das war die Strafe für sein Verhalten. Er hatte die Menschen behandelt wie Hunde und sie auch so beschimpft. Weil er den Arbeitenden weder Ruhe noch Frieden gegönnt hatte, durfte er keinen Frieden finden. Ruhelos musste er an Sankt Thomä durch die Hohlwege ziehen. Einst ritt ein Bauer in der Thomasnacht heimwärts. Plötzlich erschien ein geisterhafter schwarzer Hund an seiner Seite. Der schwebende Gang und die feurigen Augen waren dem Schulten unheimlich. Er war froh, als der das Hoftor erreicht hatte. Der Wallmeister kann nur erlöst werden, wenn ihn ein nächtlicher Wanderer beherzt nach seinem Schicksal fragt. Sonst muss er bis zum Jüngsten Tag durch die Wege zur Stadt ziehen. Die gleiche Sage erzählt man sich von Recklinghausen.

Anmerkungen

Der Wallmeister, der bei der Anlage der Stadtumwallung die arbeitenden Männer antrieb und niemandem Ruhe gönnte, ist der Held einer Sage, die in Dorsten und in Recklinghausen erzählt wurde. In der St.-Thomas-Nacht (21. Dezember) muss er, in einen großen Hund verwandelt, durch die alten Hohlwege auf die Stadt zulaufen. Der St.-Thomas-Tag hatte auch im Vest seine besondere Bedeutung, siehe Thomasmarkt in Recklinghausen. Als die Stadt Recklinghausen 1344 für kurze Zeit in den Händen des Grafen von der Mark gefallen war, des immerwährenden Gegners des Kölner Landesherren, konnte es dieser mit seinen Dienstmannen sehr bald zurückerobern. Der Erzbischof ordnete an, die Stadt stärker zu befestigen. Das Geld dazu nahm er teilweise von den zahlreichen Gefangenen, die ein Lösegeld zahlen mussten. So wurde die Stadt mit »gebotener Schnelligkeit mit Mauern, Türmen und Torbefestigungen wie mit einem Panzer umgeben«. Als 1345 der Graf von der Mark noch einmal einen Vorstoß auf Recklinghausen versuchte, wurde er bei Hochlar, wo die Landwehr mit dem Marpenbach eine gute Befestigung bildete, zurückgeschlagen. Wallmeister, Handwerker und Knechte hatten gute Arbeit geleistet. (Kollmann, 56f.)

Literaturnachweis

  • Adelheid Kollmann, Sagen aus dem alten Vest und dem Kreis Recklinghausenn, Recklinghausen 1994, S. 56f., Literaturnachweis nach Kollmann: Franz Wulf, Der Wallmeister, Eine Dorstener Sage, Vest. Kalender 1928, S. 286




Weitere Sagen aus Dorsten.



Diese Sage ist in den bisher erschienen Werken von Dirk Sondermann nicht enthalten. Von ihm erschienen die Bücher Ruhrsagen, Emschersagen, Bochumer Sagenbuch, Wattenscheider Sagenbuch und Hattinger Sagenbuch. Weitere Publikationen sind in Vorbereitung. Bitte beachten Sie auch unsere Veranstaltungshinweise.


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