Der Teufel auf dem Frohnenhof (Der Grote Jann)

Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet

Wechseln zu: Navigation, Suche
Teufel

Auf dem Frohnenhof spukte es. Unter der Kellertreppe hatte sich der Teufel in der Gestalt, des Groten Jann eingenistet und trieb dort und von dort aus sein teuflisches Unwesen. Nicht nur, daß seine ständige Anwesenheit und sein diabolisches Treiben den Bewohnern des Hofes unerträglich wurden, auch die Nachbarschaft hatte von den Bosheiten des Groten Jann schon bald einiges am eigenen Leibe erfahren. Die Bevölkerung entsetzte sich und schrie nach einem Geistlichen, der den Teufel bannen sollte. So kam der Pastor von Kirchhellen, damit er den Teufel austreibe. Doch dieser wußte - es müßte kein Teufel sein - um eine winzige Verfehlung des Pastors. Dieser hatte nämlich im Kirchenbusch einen dicken Haselnußstecken abgeschnitten, ohne hierzu die Genehmigung vom Kirchenvorstand erhalten zu haben. Des Pastors Entgegnung, er habe auf dem Haselnuß - Stümpfen ein Zweipfennig - Stück als Bezahlung niedergelegt, erkannet der Teufel als lügnerische Schutzbehauptung, die die Position des Pastors noch mehr schwächte. Somit hatte der Pastor keine Macht über ihn. Den ihm liebgewordenen Platz auf den Frohnenhof verließ der Teufel daher nicht. Der Pastor mußte traurig unverrichteterdinge wieder ins Pfarrhaus zurückkehren.

Die Tücken des Teufels, sein zerstörerisches Tun wurden nach dem Mißerfolg des Pastors noch ärger. Die Leute schrien noch lauter nach einer Erlösung vom Groten Jann. Daraufhin bestellte man einen Pater aus denn Franziskaner-Kloster in Dorsten. Dieser vermochte es, den Teufel so in die Enge zu treiben, daß er sich verpflichtete, vom Frohnenhof zu weichen und im Kirchenbusch sein Asyl, zu nehmen. Eine Bedingung stellte er:. Man müsse ihm gestatten, zum Frohnenhof zurückzukehren. Der Pater stimmte unter der Einschränkung zu, daß der Teufel sich dem Frohnenhof in jedem Jahr nur um einen Hahnenschritt nähern dürfe. Der Teufel stimmte schnell zu, hatte jedoch kaum bedacht, daß bis zum Erreichen seines alter, ihm liebgewordenen Quartiers einige hundert Jahre vergehen würden. Und der Pater hatte diese lange Zeitspanne wohl vorausgesehen. Wer weiß, meinte er, ob bis dahin nicht die Macht des Teufels gebrochen oder ihm ein anderer Platz als der Frohnenhof lieber geworden sei.

Die betroffenen Nachbarn schließen die Möglichkeit nicht aus, daß der Teufel auf seinem Rückweg zum Frohnenhof ihre Besitzungen berührt und - was Gott verhüten möge! - davon, wenn auch nur vorübergehend, Besitz ergreift. Noch um die , Jahrhundertwende sagte einer, der sicherlich zu tief ins Glas geschaut hatte, zu seiner Nachbarin: «Zette, weße, de Grote Jann ess all be us an'n Gaen. « (»Zette, weist du, der Große Jann geht überall bei uns um.« D. S.) Und wie heißt es im Sprichwort: «Kinne- un besoppene Löe sätt de Worheit. «

(»Kinder und Besoffene sagen die Wahrheit.« D. S.)

Zu dieser Sage gibt es eine Variante:

In alter Zeit lebte in denn damals noch von jedem Verkehr abgeschnittenen Orte Kirchhellen ein einsamer Mann, den man allgemein nur den groten Jann nannte. Dieser hatte, wie uns die Sage berichtet, getrieben von unersättlicher Habgier, heimlich einen Grenzstein versetzt und sich so an fremdem Gut bereichert. Doch die Strafe für seine Freveltat blieb nicht, aus. Schon zu Lebzeiten wegen seines unstäten, zerfahrenen Wesens von den Leuten gemieden, fand er auch nach dem Tode im Grabe keine Ruhe. Sobald sich die Schatten der Nacht herniedersenken, muß er der dunklen Gruft entsteigen und in unheimlicher Schreckgestalt durch die weite Heide irren. Augen hat er so groß wie Wagenräder, und auf dem Kopfe trägt er einen schweren, schweren Mühlstein.

Niedergebeugt von der ungeheuren Last, läßt er zum Entsetzen des vorübergehenden Wanderers mit Mark und Bein durchdringender Grabesstimme den schauerlichen Klageruf ertönen: «Juhuh! Wor sack'n loten, wor sack«n loten? Juhuh!« Einmal ist er sogar bis zum Fronhof gekommen, wo man ihn unter der Kellertreppe liegend gefunden hat. In ihrer Not baten die erschrockenen Leute dies Patres von Dorsten, das Gespenst wegzubannen. Diese kamen denn auch und bannten den groten Jann dann wieder in die Hohe Heide hinein. Als sie ihn noch weiter Wegbannen wollten, sind die Spinnen gekommen und haben ihnen den Mund zugewoben. So muß denn nun der Unglückliche alltäglich wieder seine mühevolle Wanderung antreten, und nicht eher wird ihm Erlösung, bis er den Stein an die rechte Stelle zurückgebracht hat, welchem Ziele er, wie es heißt, jedes Jahre um einen Hahnenschrei (doch wohl »Hahnenschritt,“ D. S.) näherkommen soll.

Anmerkung

Der Frohnenhof liegt an der Rentforterstr. 78 (Privatbesitz). Eine restaurierte Scheune von 1820 ist dort noch erhalten. Der Kirchenbusch lag wohl Am Pastors Busch. Das Franziskanerkloster in Dorsten an der Lippestr. 5 (Kreis Recklinghausen) wurde 1448 erbaut, 1945 zerbombt und 1976 im modernen Stil neu errichtet. Die Töfflingerstr. in Kirchhellen führt durch die Hohe Heide.

Frohnenhof (WGS 84: 51.590633° 6.930933°)

Literaturnachweis

  • Rottmann, 8f. , 4 nach: B. Feldmann, Pfarrer und Kreisschulinspektor a. D. ; in Am. verwendete u. weiterführende Lit. : Kollmann, 147


Hier finden Sie: Frohnenhof (51.590633° Breite, 6.930933° Länge)

Diesen Ort mit weiteren Geodiensten anzeigen. Weitere Sagen aus Bottrop.


Dieser Text wurde folgendem Buch von Dirk Sondermann entnommen:

Emschersagen. Von der Mündung bis zur Quelle.
Bottrop: Henselowsky Boschmann Verlag, 2006
ISBN 3-922750-66-4.




Der Text ist urheberrechtlich geschützt. Nähere Informationen: siehe Impressum.

Ruhr2010Logo
Redaktion