Der Steinerne Turm

Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet

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Steinerner Turm, Dortmund

Der Sage nach haben in vielen, vielen Jahren, als der Steinerne Turm einsam und verlassen in der Gegend stand, ständig Raben in dem alten Gemäuer gehaust, Raben, in denen spukende Geister gesteckt haben sollen. Um das Jahr 1450, nicht lange nach der Soester Fehde, sollen sich drei Ratsherren einen raffinierten Plan ausgedacht haben, wie sie das Gebiet der Reichsstadt Dortmund nach Süden über die Emscher hin mit List und ohne Kampf erweitern könnten. Wenn der Plan gelänge, könnten die Dortmunder dann auf dem neu gewonnenen Gelände ein vorgeschobenes Bollwerk gegen den Grafen von der Mark errichten.

Unauffällig und ohne Argwohn zu erregen gingen die drei Ratsherren ans Werk und pachteten von einem Brünninghauser Bauern ein großes Feld jenseits der Emscher. Sie sagten, sie wollten das Feld nur für sich selber nutzen. Der Bauer verpachtete es ihnen aber nur für sieben Jahre. Als die Zeit um war, wollten die Dortmunder den Pachtvertrag verlängern. Doch der Bauer war inzwischen in einige Schwierigkeiten geraten, und es ging ihm ziemlich schlecht. Er benötigte deshalb das Feld für sich selber. Die Ratsherren verhandelten mit ihm und erreichten, daß sie das Feld noch so lange behalten könnten, um das, was sie noch säen wollten, auch abzuernten.

Damit war der Bauer einverstanden. Er ahnte nicht, welche Hinterlist die schlauen Ratsherren ausgeheckt hatten. Sie ließen nämlich nicht Roggen oder Hafer auf das Feld säen, sondern Eicheln. Als der Bauer das merkte, verklagte er die Ratsherren. Doch die hatten die Abmachung schwarz auf weiß. So bekam der Bauer kein Recht, und mit der Zeit geriet er in immer größere Armut. Einige Jahre später starben alle drei Ratsherren kurz hintereinander. Bald danach aber sah man immer wieder jämmerlich krächzende Raben um den Steinernen Turm kreisen, wo sie hausten und von wo aus sie oft zum Wald jenseits der Emscher flogen. Waren dann Leute im Wald, um Reisigholz zu suchen, kam jedesmal ein heftiger Wind auf, so daß alles, was sie gesammelt hatten, hinweggefegt wurde. Flog aber ein Rabe ganz tief über ihre Köpfe hinweg, so konnte es geschehen, daß das Reisigholz zu brennen anfing. Zu dem Bau eines vorgeschobenen Bollwerks aber ist es nie gekommen. Die spukenden. Raben sind erst verschwunden, als es während einer langen Kriegszeit im Lande drunter und drüber ging.

Anmerkungen

Weit außerhalb der von Wällen und Befestigungsmauern umgebenen Reichsstadt Dortmund standen einstmals zwei Wachttürme: Im Norden der hölzerne Turm am Fredenbaumplatz, und im Süden der aus Stein errichtete Wachtturm an der alten Landstraße zwischen Dortmund und Brünninghausen, unweit der Emscher, die hier die Grenze zwischen dem Gebiet der Reichsstadt und dem Territorium des Grafen von der Mark bildete. Dieser Steinerne Turm, im 14. Jahrhundert errichtet, steht heute noch und ist im Stadtplan ausgewiesen. . Mehr oder weniger unbeachtet steht er neben der großen Westfalenhalle I am Rheinlanddamm 200. Einstmals war der Turm Tag und Nacht von Wachtposten besetzt. Sie hielten Ausschau nach allem, was sich der Stadt näherte. Wenn sich in Fehdezeiten verdächtige Heerhaufen zeigten, entzündeten die Wächter auf dem Turm ein Feuer oder gaben ein Flaggenzeichen. Das sah der Türmer der St. Reinoldi-Kirche am Westenhellweg in den Mauern der Stadt Dortmund, der sofort Sturm läutete und die Bürger zu den Waffen rief.

Während der Soester Fehde (1446-1449), als Dortmund wieder einmal gegen seinen Erbfeind, den Grafen von der Mark stritt, rückten im Jahr 1446 die Märker in großer Zahl gegen die Reichsstadt vor. Dabei bestürmten sie auch den Steinernen Turm, zerstörten die mehr als drei Meter über dem Erdboden angebrachte eiserne Tür und brannten das Dach nieder. Doch der Versuch, den Turm zu unterwühlen und umzustürzen, misslang.

Die Dortmunder verstärkten den Turm schon bald danach, indem sie den Kern aus Sandstein mit Ziegelsteinen dick ummauerten. Ein Dach allerdings setzten sie ihm nicht wieder auf. Und so stand der Turm über 450 Jahre als einsame Ruine an der Landstraße. Erst 1899 sorgte ein Verschönerungsverein dafür, daß das Ziegelwerk wieder entfernt wurde. Der alte Sandsteinkern kam wieder zum Vorschein, und der Turm erhielt ein Kegeldach. Brünninghausen ist ein Stadtteil von Dortmund.

Steinerner Turm (WGS 84: 51.497° 7.459067°)

Literaturnachweis

  • Gronemann, 40-43; in Am. verwendete u. weiterführende Lit. : Heinrichs


Hier finden Sie: Steinerner Turm (51.497° Breite, 7.459067° Länge)

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Dieser Text wurde folgendem Buch von Dirk Sondermann entnommen:

Emschersagen. Von der Mündung bis zur Quelle.
Bottrop: Henselowsky Boschmann Verlag, 2006
ISBN 3-922750-66-4.




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