Der Schellenesel im Papenhaoll

Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet

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Eselsskulptur in Frankenthal

Vor Zeiten soll zwischen Altendorf und Dellwig im Ruhrtal ein großer, wilder Wald gewesen sein, die Hulmke geheißen. Dort hat sich in der Geisterstunde zuweilen ein gespenstischer Esel sehen lassen, der glühende Schellen in den Ohren trug. Er war nicht gutmütig und geduldig, sondern hasste die Menschen. Sobald ihm jemand um Mitternacht in seinem Bannkreis begegnete, galoppierte er mit weit aufgerissenem Maul und lodernden Augen auf ihn los und erschreckte ihn so, dass der Ärmste, wenn er auf der Flucht die Hulmke hinter sich hatte, oft noch lange wegen des Schreckens kränkelte.

Alle, die solchermaßen mit dem Esel Bekanntschaft geschlossen hatten, berichteten übereinstimmend, dass es nicht so sehr die Gestalt des Tieres gewesen sei, die ihnen entsetzlichen Schrecken eingejagt habe, als vielmehr der schauerliche Lärm, den die Schellen verursachten. Man sagt, das Eselsgespenst sei einst das geduldige Reittier eines Mönches aus dem Kloster Werden gewesen, der im Auftrag seines Abtes die Pächter der Klosterhöfe in Dellwig und Altendorf aufsuchen musste, um sie an den rückständigen Zehnten und den Wachszins zu mahnen. Trotz seines geistlichen Standes war der Mönch ein hartherziger Mann, der die säumigen Bauern zu schelten pflegte und ihnen mit schweren Strafen drohte, wenn sie aus bitterer Not um Stundung baten. Einer dieser Bauern, dem das wenige, das er besaß, kaum zur Befriedigung seines und der Seinen Hunger reichte und deswegen ein großer Schuldner war, wurde so grob angegangen und mit Drohungen überhäuft, dass er dem Mönch im Dickicht der Hulmke auflauerte und ihn erschlug. Den Leichnam schleppte der Mörder beiseite und vergrub ihn weit vom Tatort.Der Esel jedoch, der beim Überfall erschreckt davongejagt war, kehrte zum Schauplatz des Verbrechens zurück und suchte seinen Herrn. Als er ihn nicht fand, irrte er in der Hulmke umher und kam immer wieder zu der Stelle. Er dachte weder an Fressen noch Trinken und brach bald entkräftet zusammen. Aber auch danach fand er keine Ruhe. In jeder Nacht, wenn die Uhrenglocke der Dellwiger Kirche Mitternacht schlug, brach er aus dem Gebüsch, in dem seine Gebeine moderten, und begab sich immer von neuem auf die Suche. Die Schellen, die er einst als Zierde und Abzeichen getragen hatte, wurden zu schauerlich tönendem Spuk. Als sei jeder Mensch, der ihm begegnete, der Mörder seines Herrn, stürzte er sich rächend auf ihn. Dieser Schellenesel trieb in der Hulmke sein Unwesen so lange, bis einige Dellwiger Holzfäller, es mag wohl schon dreihundert Jahre her sein, durch Zufall in einer versteckten Waldschlucht auf die Gebeine des erschlagenen Mönches stießen und sie nach Dellwig schafften. Dort wurden sie auf dem Friedhof nach Christenart ordentlich bestattet. Danach ließ sich der Esel nicht mehr sehen. Der Teil der Hulmke, wo die Holzfäller die Überreste des Sendboten der Reichsabtei St. Ludgerus zu Werden fanden, heißt bis auf den heutigen Tag das »Papenhaoll«, zu Hochdeutsch die »Pfaffenschlucht«.

Anmerkung

Das Papenhaoll bezeichnet nun einen Acker, welcher 1,2 Kilometer entfernt von der Hauptstr./Ecke Im Höfchen an der zuletzt genannten Straße, rechter Hand liegt. Das Papenhaoll grenzt heute im Norden an den Katzenpfad, einem alten verwucherten, mit einer Eichenreihe versehenen Hohlweg ohne Straßenschild. Mit Hulmke wird gegenwärtig ein Siepen bezeichnet, dessen Bachlauf unter der Hauptstr. Richtung Ruhr fließt. Sie finden die Hulmke, wenn Sie von der Hauptstr./Ecke Ostfeldweg 300 Meter in Richtung Dellwig fahren linker Hand. Haus Altendorf war ein ehemals zum Kloster Werden gehörender Sattelhof, dem 30 Höfe im Pfarrbezirk Dellwig abgabenpflichtig waren. Der einst wasserumwehrte Adelssitz befindet sich an der Schwerter Str.2/ Ecke Hauptstr. (Privatbesitz, von außen zu besichtigen.). Das im Kern mittelalterliche Herrenhaus wurde im 17. und 19. Jahrhundert ausgebaut. Zum Kloster Werden siehe Sage 31. Die angesprochene (evangelische) Kirche liegt an der Schulstr. und ist meist verschlossen. Das Grab des Mönches ist nicht mehr lokalisierbar.

Papenhaoll (WGS 84: 51.490833° 7.692217°)

Hulmke (WGS 84: 51.480217° 7.6832°)

Haus Altendorf (WGS 84: 51.479817° 7.677°)

Literaturnachweis

Palme, 1987, Nr. 12 (Karl Wimpelberg, Fröndenberg-Dellwig)


Hier finden Sie: Papenhaoll (51.490833° Breite, 7.692217° Länge)

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Dieser Text wurde folgendem Buch von Dirk Sondermann entnommen:

Ruhrsagen. Von Ruhrort bis Ruhrkopf.
Bottrop: Henselowsky Boschmann Verlag, 2005
ISBN 3-922750-60-5.





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