Der Ritter von Hugenpfahl

Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet

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menschliches Skelett

Bei Stockum an der Lippe finden sich die Ruinen der Burg Hugenpfahl, auf der einst ein Ritter lebte, der jederzeit Erbarmen und Mildtätigkeit übte, so dass er überall geliebt und geachtet wurde. Doch als ihm seine Gattin starb, kam Gram und Leid über ihn, ja, er wünschte sich den Tod. Und wirklich traf ihn nach der Totenmesse der Schlag. Nach drei Tagen starb auch er, kinderlos. Sein einziger Bruder, der Priester geworden war, erfuhr die Nachricht und bereute, dass er als ein dem Herrn Geweihter nicht die Güter des Verstorbenen erben konnte. Und nun geschah das Unerhörte: er fiel von der Kirche ab, begab sich nach Hugenpfahl und nahm ein sittenloses Weib. Viele lustige Gäste ließen es sich auf der Burg gut sein, nahte sich aber ein Armer, so ließ der Burgherr schonungslos die Hunde auf ihn hetzen. So lebte der Ritter drei Jahre in stetem Saus und Braus, gefürchtet weit und breit. Da erschien eines Tages ein Knabe, der um eine Gabe bat, die ihm jedoch wie den anderen versagt wurde. Daraufhin sprach er: »Dich wird für Deinen Frevel die Strafe ereilen! Du sollst ein ganzes Jahr fürchterliche Schmerzen erleiden, Ratten und Mäuse werden Dich bei lebendigem Leibe verzehren, bis Dich der Satan holt!« Als der Ritter den Knaben ergreifen lassen will, ist der spurlos verschwunden. Den Ritter fasst Entsetzten und Grauen, heftigen Schmerz empfindet er; und Ratten und Mäuse zehren an seinem Körper, wohin er auch zu entfliehen sucht. Er ist bis zum Skelett abgemagert, als ein Priester erscheint, der ihn bittet, sich am Ende seines Lebens doch zu bekehren – just an dem Jahrestage, als ihn der fremde Knabe erschienen war. Der Ritter wollte nicht bereuen, und mit einem Fluch schied er aus diesem Leben. Man sagt, dass das Skelett von einem schwarzen Hund verschluckt wurde zur selbigen Stunde – es soll der Böse gewesen sein. Die Burg stand verlassen; sie verfiel und war überall verrufen, bis nur noch wenige Mauern von dem einstigen Glanz zeugten. Um Mittenacht kann man noch heute ein Klagen und Stöhnen vernehmen, und manchmal sah man voller Entsetzen ein Skelett am Fluss und hörte es die Hunde hetzen. Darum scheut und flieht man den Ort.

Anmerkungen

Der Stoff wurde von Gottfried Effgen in seinem Buch: Aus der Geschichte der Gemeinde Stockum, Stockum 1974, in Gedichtform aufgenommen (Burg Hugenpoth = Hugenphal). J. Schwieters, Kaplan in Herbern, teilt folgendes über die historische Geschichte der Burg in Stockum an der Lippe mit (im Pfarrarchiv Herbern). »Ludwig der Fromme schenkte Stockum der Aebtissin zu Herford als Tafelgut. Es gehörten dazu dreißig Meansen (Höfe) und sechzig Familien. In ältester Zeit lag dort ein Amtshof mit Amtshaus und eine Burg. Es hatte höhere und niedere Gerichtsbarkeiten, Blutbann, Bierzwang und Akzise; ferner eigene Rechte und Gewohnheiten und ein merkwürdiges, geschriebenes Hofrecht. Das Amthaus war schon im 15. Jahrhundert verschwunden, wahrscheinlich 1388 von den Dortmundern in Asche gelegt.

Statt der einen Burg finden sich später drei. Die eine verschwand früh; auf ihren Fundamenten und aus ihrem Material wurde die Kirche zu Hamm-Nordheringen im 18. Jahrhundert erbaut. Da diese Stelle auch Forks-Platz genannt wird (im Stadtplan von Hamm nicht aufgeführt - D.S.), so müssen wohl die Herren von Fork diese Burg inne gehabt haben.

Die zweite Burg, ebenfalls auf dem linken Lippeufer gelegen, war später im Besitz der Grafen von der Mark, der sie zuerst dem Herrn von der Langhe, 1463 aber Dietrich von Hövel zu Lehen gab. Als 1469 Herr von Hövel einen gewaltsamen Totschlag beging, wurde ihm die Burg entzogen und 1470 dem Drosten zu Hamm, Stockum und Grimberge, Heinrich von Knipping, gegeben, dessen Enkel Viktor das Schloss baute, dessen Ruinen noch jetzt vorhanden sind.

Auf Viktor folgte dessen Sohn Dietrich und auf ihn, da er kinderlos war, dessen Schwester Klara, die mit Johann von Hugenpoth verheiratet war (um 1600). Katharina von Hugenpoth, Erbtochter, brachte Stockum an die Bercheim. Die dritte Burg lag auf dem rechten Ufer der Lippe (bei dem Bauernhof Klosterkamp) und wurde seit dem 12. Jahrhundert bis in die neueste Zeit als der Sitz betrachtet, mit dem der Blutbann und die Gerichtsbarkeit verknüpft war. Sie war Lehen von Herford und wurde dieses Stiftes Amtshof genannt. Nun ist auch diese Ruine vom Erdboden verschunden. Stockum wird erstmals 858 erwähnt; 1809 wird die Grundherrschaft aufgelöst. (Palme) Oberirdisch sind keine Gebäudereste mehr vorhanden, nur unterirdisch.

Literaturnachweis

  • Helmut G. & Gerda Palme, Sagen vom Hellweg, Hg.: Kreis Unna, Erweiterte Neuauflage Schwerte 1987, Nr. 105




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Diese Sage ist in den bisher erschienen Werken von Dirk Sondermann nicht enthalten. Von ihm erschienen die Bücher Ruhrsagen, Emschersagen, Bochumer Sagenbuch, Wattenscheider Sagenbuch und Hattinger Sagenbuch. Weitere Publikationen sind in Vorbereitung. Bitte beachten Sie auch unsere Veranstaltungshinweise.


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