Der Reichshof Bochum und die Propsteikirche

Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet

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Propsteikirche St. Peter und Paul in Bochum

Die im Herzen Bochums an der Große Beckstraße gelegene Propsteikirche St. Peter und Paul kann auf eine 1200-jährige Geschichte zurückblicken. Schon um das Jahr 800 stand auf dem Kirchenhügel eine zum »Reichs- bzw. Königshof« gehörende Kapelle, die möglicherweise vom Grafen Cobbo, auf Anweisung von Karl dem Großen, anstelle einer heidnisch-sächsischen Kultstätte errichtet worden sein soll. So vermutet Darpe mit Bezug auf den Straßennamen Weilenbrink (ursprünglich Wölenbrinkshof), eine weise Frau, eine so genannte »Wöle«, habe dort ihren Sitz gehabt.

»Königshöfe waren ca. l Hektar große befestigte Anlagen, die von fränkischen Grafen oder Edelleuten befehligt wurden. Man könnte diese Königshöfe auch als Wohnburgen bezeichnen. Innerhalb ihrer Umwallung befand sich neben Herrenhaus, Wohngebäuden, Stallung und Vorratshäusern oft auch eine kleine Kapelle.

Bereits während der Sachsenkriege (772 – 803) hatte Karl der Große eine Vielzahl von Königshöfen entlang des Hellwegs von Duisburg bis Paderborn anlegen lassen. Sie dienten aber nicht nur zur militärischen Sicherung des Aufmarschweges auf der alten Handelsstraße (Hellweg von griechisch Hallos = Salzweg), sondern boten auch durchziehenden Soldaten Verpflegung und Schutz. Nicht von ungefähr waren sie daher in Abständen von etwa einem Tagesmarsch zu finden. Karl mag sich auch selbst von Zeit zu Zeit auf den Königshöfen aufgehalten haben, denn ein Herrscher in jener Zeit regierte »im Umherziehen«. Karls Anwesenheit war stets und überall erforderlich; so war er ständig auf Reisen, gewöhnlich von einer Pfalz zur anderen. Die Pfalzen waren größere befestigte Anlagen, die dem Kaiser als »Regierungsstützpunkte« dienten. (...)

Im Ruhrgebiet gab es keine Pfalzen, sondern nur die beschriebenen kleineren Königshöfe, etwa in Duisburg, Essen, Bochum, Dortmund, Brakel oder Werl. Diese Königshöfe haben das Bild des Ruhrgebietes bis in die Gegenwart hinein geprägt, denn häufig siedelten sich an diesen Orten, die an Handelswegen lagen und bei drohender Gefahr zudem eine Zufluchtsmöglichkeit boten, immer mehr Bauern und Handwerker an. So wurden die karolingischen Königshöfe vielfach zu Keimzellen der noch heute bestehenden großen Ruhrgebietsstädte. Damit ist gleichzeitig erklärt, warum die Zentren wichtiger Ruhrgebietsstädte wie z.B. Recklinghausen, Essen, Bochum oder Dortmund nicht – wie man es eigentlich erwarten könnte – an Flüssen angelegt worden sind. Da die Königshöfe in erster Linie dazu bestimmt waren, die militärischen Aufmarschwege an Handelsstraßen zu sichern, kennzeichnet die Lage der großen Ruhrgebietsstädte zwischen Duisburg und Paderborn noch heute den Verlauf des alten Hellweges.« (Schulze)

Der Reichshof Bochum soll sich von der Propsteikirche bis zum heutigen St. Elisabeth-Hospital erstreckt haben. Die damalige hölzerne Kapelle stand im Bereich des Mittelschiffes der jetzigen Kirche. Wie die meisten im karolingischen Reich gegründeten Gotteshäuser wurde auch diese Kirche aus politischen Gründen dem Apostel Petrus geweiht. Karl der Große dokumentierte dadurch seine enge Verbundenheit mit dem Papst als Nachfolger des Petrus. Der alte romanische Taufstein (um 1175) weist auf die frühe Erhebung der Kirche in den Rang einer Taufkirche hin. Im Jahr 1243 wurde das Gotteshaus erstmalig urkundlich erwähnt: Nach den »Isenberger Wirren«, hervorgerufen durch die Tötung des Erzbischofs von Köln (1225) durch Graf Friedrich von Isenberg, kamen sein Sohn Dietrich von Isenberg (-Limburg) und Graf Adolf von der Mark darin überein, »Grafschaft, Gericht und Hof Cofbuchem (Bochum) nebst dem Patronat der Kirche« gleichmäßig unter sich aufzuteilen.

Die Kirche war die »Mutterkirche« der meisten nachfolgenden Kirchengründungen in Bochum und erhielt 1888 den Rang einer »Propsteikirche«. Nach dem verheerenden Stadtbrand von 1517 wurde das Gotteshaus als spätgotische Hallenkirche neu erbaut und das Doppelpatronat St. Peter und Paul eingeführt. Im Bombenhagel vom 4. November 1944 wurde sie abermals zerstört.

Während der Unruhen der Reformationszeit ging die Kirche an die Lutheraner über. Sie wurden jedoch 1598, 1604 und abermals im Jahr 1623 in Folge des niederländisch-spanischen Krieges von den Spaniern aus dem Gotteshaus vertrieben und schrecklich verfolgt.

Die katholische Propsteikirche St. Peter und Paul ist täglich geöffnet und lädt zu einem Besuch ein. Schauen Sie sich doch einmal in Ruhe den alten romanischen Taufstein, den Reliquienschrein der heiligen Perpetua und das »Bladenhorster Kreuz« am sehenswerten Hochaltar an. Auf die Bedeutung der Kirche als mittelalterlicher Marienwallfahrtsort weist noch heute der Marienaltar hin.

Propsteikirche St. Peter u. Paul (WGS 84: 51.4824° 7.220383°)

Literaturnachweis

  • Kortum, 1790, 216; Darpe,26-33; Schulze, 1987, 63f.


Hier finden Sie: Propsteikirche St. Peter u. Paul, Bochum (51.4824° Breite, 7.220383° Länge)

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Dieser Text wurde folgendem Buch von Dirk Sondermann entnommen:

Bochumer Sagenbuch.
Verlag Pomp, 2004
ISBN 978-3893550678.




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