Der Bergalte von Dahlhausen

Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet

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Seit jeher galt die unterirdische Welt des Bergmanns als von Geheimnissen umwoben. Viele Leute meinten, in den Höhlen und Gängen der Erde wohnten Zwerge, Kobolde und Geister, die den Knappen oftmals übel, in einigen Fällen aber auch wohl gesinnt waren. In den Grubengängen lauern böse Wetter, Tod und Verderben bringend, wenn sie sich entladen. Der Druck des Gebirges verursacht in den Gruben bisweilen ein Knistern, das Gefahr ankündigt. Der Glaube früherer Zeiten brachte diese Erscheinungen mit Geistern und Kobolden in Verbindung oder mit Zwergen, die ja als die ersten Schmiede galten und als habgierige Hüter von kostbarem Schmuck im Erdinnern.

Der Bergbau hat seine Wiege an der Ruhr. Auch in Linden und Dahlhausen ist schon vor Jahrhunderten Steinkohlenbergbau betrieben worden. Dort wurde in den Gesprächen der Knappen häufig der Bergalte erwähnt. Das war ein alter »Ruhrpüttmann«, der, als er diese Welt verlassen sollte, vor Gott die Bitte vorbrachte, ihn nach seinem Tode, solange es noch Kohlegruben an der Ruhr gebe, in diesen als Geist umgehen zu lassen, damit er die Bergleute bei ihrer gefahrvollen Arbeit warnen und schützen könnte. Dieser Wunsch wurde ihm erfüllt. Und so zeigt sich denn der »Bergalte« den vor Ort und in der Strecke arbeitenden Bergleuten, wenn Gefahr droht, bei Gebirgsschlag oder Wassereinbrüchen, Schlagwettern oder bösen Gasen.

Seine Lampe, die er in der knochigen Hand hält, verbreitet ein silbriges Licht. Wenn es erscheint, bedeutet das drohende Gefahr. Das Gestein, aus dem der »Bergalte« oft unbemerkt hervortritt, schließt sich hinter ihm gleich wieder.

Wie alte Bergleute zu erzählen wissen, hat man einmal in einer Grube bei Dahlhausen ein Stück Silber gesehen, das einem Menschenkopf ähnelte. Das war der »Bergalte«. Man glaubte, dies sei ein Glück bringendes Zeichen. Die Bergleute gruben an dieser Stelle durch das Gestein und stießen auf ein mächtiges, leicht abzubauendes Flöz. Der Frevel eines jungen Knappen aber verwandelte das Glück in Unglück. Mit der Hacke schlug er nach dem Silberkopf, um ein Stück Silber loszutrennen. Kaum war das geschehen, sprang aus dem Felsen ein mächtiger Wasserstrahl hervor. Unaufhörlich ergoss sich das Wasser, erfüllte alle Grubenbaue, und so ersoff die Zeche, deren Ort keiner mehr anzugeben weiß.

Gregor Heinrichs führt zu dieser Sage eine Variante an:

Demnach habe die Zeche an einem Ort gelegen, den die Dahlhauser »Silberkuhle« nannten, und es wurde dort tatsächlich nicht Kohle, sondern Silbererz gefördert.

Ferner führt Heinrichs aus: Eines Tages blieb ein Bergmann nach Schichtende als letzter im Stollen. Nachdem alle anderen Kumpel gegangen waren, näherte er sich der gewaltigen Silberfigur (des Bergalten). Gierig griff er nach seinem Eisen, um sich von der hehren Gestalt einen großen Brocken abzuschlagen. Doch die Strafe folgte auf dem Fuße! Der ganze Berg zitterte und bebte. Der Silberstollen brach in sich zusammen und begrub den Frevler unter sich.

So ist es gekommen, dass es im gesamten Ruhrgebiet keine Silberstollen mehr gibt. Trotz des Verbrechens ist aber der Bergalte seinen Bergleuten treu geblieben. In vielen Kohlezechen des Reviers haben Bergleute seine Warnung vor einem hereinbrechenden Unheil gehört; manche wollen den Bergalten mit dem langen Bart und der Steigermütze auf dem Kopf vor Ort und in besonders gefahrvollen Strecken sogar gesehen haben.

Die Bergleute wissen auch von Zwergen zu erzählen, die ihnen, wenn sie die Grube verlassen hatten, das Gezäh (Werkzeug) schärften, so dass sie dieses nicht mitzunehmen brauchten, um es wieder instand zu setzen. Wer aber darüber plauderte, dem wurden sie gram, und dann kamen sie nicht wieder. Auch Stollengespenster hat es gegeben, die zwar keinem etwas zu Leide taten, die den Knappen aber Angst einjagten. In der Grube »Himmelsfürster Erbstollen« (*1787; †1888) bei (Essen-) Kupferdreh ist ein Bergmann, der solch ein Gespenst gesehen hat, irrsinnig geworden.

Auf dem Weg zur Silberkuhle halten wir an der Varenholzstr. 160 / Ecke Im Stapel und folgen der letzteren Straße, bis nach ca. 60 Metern rechts ein Weg abzweigt, der über den Eibergschen Berg führt. Sobald wir den Waldweg erreicht haben, liegt nach ca. 50 Metern auf der gegenüberliegenden Talseite eine kleine Mulde, die Silberkuhle.

Gefördert wurde dort wohl silberhaltiger Bleiglanz. Die Grube wurde vom angrenzenden Hof Wulf betrieben, der nach seinem Bankrott um 1872 vom Nachbarhof Hinderfeld, Varenholzstr. 160, übernommen wurde (Gregor Heinrichs).

Silberkuhle (WGS 84: 51.4389° 7.1352°)

Literaturnachweis

  • Bochumer Anzeiger Nr.122 vom 27.5.1939 (Onkel Gottlieb); Heinrichs, 173-175


Hier finden Sie: Silberkuhle (51.4389° Breite, 7.1352° Länge)

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Dieser Text wurde folgendem Buch von Dirk Sondermann entnommen:

Bochumer Sagenbuch.
Verlag Pomp, 2004
ISBN 978-3893550678.




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