Der Bauer und die Heinzelmännchen

Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet

Wechseln zu: Navigation, Suche
Figur eines Heinzelmännchens am Heinzelmännchenbrunnen in Köln

Auf einem Kotten bei Ringenberg wohnte ein armer Bauer. Er hatte viele Kinder, aber auch viel Unglück auf dem Felde und im Stall gehabt. Aber er hatte dennoch ein mitleidiges Herz mit der Not anderer. Selbst von dem Wenigen, das er besaß, gab er gerne Notdürftigen etwas mit. Eines Tages klopfte es an seiner Stubentür, als er mit den Seinen gerade beim kärglichen Mahle saß. Als geöffnet wurde, erschien ein winziges Männlein mit langem weißem Barte und bat um einen Topf mit einiger Mahlzeit. Sofort wurden ihm die geringen Reste der Mittagstafel in ein Geschirr getan. Der Kleine trippelte damit zur Hoftür hinaus und war im Nu nicht mehr zu sehen. Aber am Morgen stand der Topf, sauber gereinigt vor der Flurtür. Nun stellten die Bewohner jeden Tag das Töpfchen mit einigem Essen an die Tür und siehe da, es ward immer nach einiger Zeit weggeholt und fand sich des Morgens in der Frühe blitzblank gescheuert am gewohnten Platze.

Seit dieser Zeit war die Arbeit des Bauern reich gesegnet. Wenn die armen Leute abends zu Bette waren, kam das Männlein mit einer Anzahl Genossen heran und trug alles Mögliche ins Haus. War einmal ein Ackergerät beschädigt am Abend stehen geblieben, gleich war es andern Tags ausgebessert. Auf keinem Felde stand das Getreide so gut wie auf dem des armen Bauern. Die zwei Kühe im Stalle waren mit silbernen Ketten angebunden und gaben so reichlich Milch wie nie zuvor. So mehrte sich der Wohlstand des Bauern zusehends. Der Viehbestand nahm zu an Zahl und Wohlgenährtheit. Stallungen und Scheunen mussten vergrößert werden, wobei in der Nacht, wenn alles schlief, von unsichtbaren Händen tüchtige Hilfe geleistet wurde. Auch konnte der Bauer zu seinen kleinen Parzellen Ackerland weiter hinzu erwerben.

Nach einigen Jahren sagte die Frau des Bauern: »Die Hilfe der Zwergmännlein hat uns so viel eingebracht; wir müssen uns dankbar zeigen. Das Wenige, was wir an Nahrung gespendet haben, ist doch zu gering. Ich will dem Männlein einen hübschen Anzug machen. Als es damals zu uns kam, trug es doch einen recht schäbigen Rock.« Und so kauften die Leute in der Stadt Tuch zu einem feinem Wams, das die Hausfrau mit großem Geschick anfertigte. Dann legten sie es abends hin und beobachteten durch eine Türspalte, was das Männlein dazu sagen werde. Als dieses kam und das prächtige Kleid erblickte, sagte es voll erstaunen: »Der Bauer muss doch ein reicher Mann sein, wenn er mir solch feine Kleider schenken kann, da hat er unsere Hilfe ja nicht mehr nötig.« Dann schlüpfte der kleine Mann flink in die neuen Gewänder und besah sich recht wohlgefällig im Küchenspiegel. Zuletzt tanzte er lustig ins Freie, und nie mehr war seit dieser Zeit das Männlein gesehen. Der Bauer musste fortan jede Kleinigkeit selber machen oder gegen Bezahlung, wozu er ja die Mittel hatte, machen lassen.

Literaturnachweis

  • Karl Heck, Heinrich Peitsch, Es geht eine alte Sage, Sagen, Legenden und Erzählungen vom unteren Niederrhein, Wesel 1967, S. 40f. (nach: Heimatspiegel)




Weitere Sagen aus Hamminkeln.



Diese Sage ist in den bisher erschienen Werken von Dirk Sondermann nicht enthalten. Von ihm erschienen die Bücher Ruhrsagen, Emschersagen, Bochumer Sagenbuch, Wattenscheider Sagenbuch und Hattinger Sagenbuch. Weitere Publikationen sind in Vorbereitung. Bitte beachten Sie auch unsere Veranstaltungshinweise.


Der Text ist urheberrechtlich geschützt. Nähere Informationen: siehe Impressum.

Ruhr2010Logo
Redaktion