Das Licht des siebenarmigen Leuchters

Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet

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siebenarmiger Leuchter in der Münsterkirche zu Essen

Nachdem der große siebenarmige Leuchter in der Münsterkirche aufgestellt worden war, versammelten sich alle Mitglieder des Essener Frauenstifts vor dem Kreuzaltar, um das Kunstwerk zu bewundern. Voller Stolz erklärte Äbtissin Mathilde die Bedeutung der einzelnen Teile und schloß ihre Rede mit dem Bemerken, daß die sieben Kerzen an ihrem Todestage neben dem Sarg brennen sollten. Ferner bestimmte sie, daß die Kerzen an allen hohen Festtagen beim feierlichen Einzug in die Kirche leuchten sollten. An einem dieser Festtage hatte die Sakristanin, die auch für das Anzünden der Kerzen in der Münsterkirche verantwortlich war, so viel zu tun gehabt, daß sie vergessen hatte, sich um den siebenarmigen Leuchter zu kümmern. Schon drängten sich die Stiftsdamen vor dem Kirchenportal, um Einzug zu halten; schon stimmte man den Gesang an. Da plötzlich bemerkte die Sakristanin ihr Versäumnis. Erschreckt dachte sie an das Gebot der Äbtissin, daß auch der siebenarmige Leuchter brennen solle. Doch nun war es zu spät, die Kirchenpforte öffnete sich bereits, und die Kerzen des Leuchters starrten immer noch dunkel ins Leere. Da wandte sich die Sakristanin mit einem stummen Stoßseufzer zum Altar: »Herr, laß Dein Licht erstrahlen über uns!« Und kaum war dieser Wunsch gedacht, da brannten die sieben Kerzen, obwohl niemand Feuer an sie gehalten hatte. Im selben Augenblick hielt die Prozession Einzug in den Kirchenraum, und die Augen der Äbtissin glitten voller Zufriedenheit über den siebenarmigen Leuchter, der an diesem Tage in besonders hellem Glanze zu erstrahlen schien. Die Sakristanin aber wandte sich noch einmal zum Altar und verneigte sich: »Du Licht der Welt, Ehre sei Dir!«

Anmerkung

Zu den zahlreichen kunsthistorischen Schätzen der Essener Münsterkirche gehört der große siebenarmige Leuchter, der heute im Untergeschoss des Westwerkes aufgestellt ist. Er besteht aus 46 Einzelteilen und hat eine Höhe von 2,26 Metern und eine Spannweite von 1,88 Metern. Es handelt sich um eine Bronze-Hohlgußarbeit, die von Äbtissin Mathilde um das Jahr 1000 in Auftrag gegeben worden ist. Der Sockel zeigt die Inschrift »MATHILD ME FIERI IUSSIT ET CHRISTO CONSECRAVIT« (Mathilde ließ mich anfertigen und weihte mich Christus). Der heutige Leuchteraufbau dürfte allerdings erst um 1050 entstanden sein. Früher war der Leuchter vergoldet und mit Kristallen und Edelsteinen besetzt. Es handelt sich um eine Nachbildung des goldenen Leuchters im Tempel von Jerusalem. Er versinnbildlicht Christus, der sein Licht erstrahlen lässt in den sieben Flammen des Heiligen Geistes. Die dämonischen Gestalten mit Tierfratzen am Fuße des Essener Leuchters symbolisieren das Böse, das durch das Licht Christi verscheucht wird. (Schulze)

In der Sakristei (von lat. : sacra = heilig), einem Nebenraum einer Kirche werden wichtige Dinge für den Gottesdienst aufbewahrt, wie ungeweihte Hostien oder der Abendmahlskelch. Auch dient die Sakristei als Umkleideraum für Geistliche. Bedient wird die Sakristei durch den Sakristan oder die Sakristanin.

Der Leuchter steht im Altarraum der Münsterkirche, die ein großartiger ottonischer Westbau aus der Zeit um 1060 ziert. Der Gründer des Stiftes, Bischof Altfrid ist in der Krypta beigesetzt. Die »Goldene Madonna« von 980 und viele weitere Sehenswürdigkeiten von abendländischer Bedeutung zieren die Münsterkirche. Die angeschlossene Dom-Schatzkammer ist eine der bedeutendsten Europas (geöffnet außer montags täglich 11. 30-17 Uhr). Das Stift Essen wurde 1803 aufgehoben.

Münsterkirche (WGS 84: 51.455949° 7.014057°)

Literaturnachweis

  • Schulze, 1990, 25-27; in Am. verwendete u. weiterführende Lit. : ebd.


Hier finden Sie: Münsterkirche (51.455949° Breite, 7.014057° Länge)

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Dieser Text wurde folgendem Buch von Dirk Sondermann entnommen:

Emschersagen. Von der Mündung bis zur Quelle.
Bottrop: Henselowsky Boschmann Verlag, 2006
ISBN 3-922750-66-4.




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