Das Gelübde der Geister

Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet

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Gnadenbild St.Anna, Haltern

Ein gewisser Scheffer aus Haltern, der mit irdenen Töpfen handelte, ging seines Geschäftes wegen sehr früh am Morgen auf das Land. Wie er ungefähr eine Stunde von der Stadt entfernt war, erschienen ihm plötzlich drei große beflügelte Tiere, die seinen Pfad sperrten und um Hilfe flehten. Fast zum Hinfallen erschreckt über diese Erscheinung, rief er aus, sie möchten ihr Verlangen nur äußern, und er würde es gewiss, wenn es in seiner Macht stünde, gerne erfüllen, nur sollten sie sein Leben verschonen. Die Tiere sagten also, sie seien Geister und hätten während ihres Lebens ein Gelübde getan, in der Anna-Kapelle unweit Haltern einige Pfund Flachs und Wachs zu opfern, selbiges aber nicht erfüllt und könnten nicht eher zur Anschauung Gottes gelangen, bis sie einen guten Menschen fänden, der das Gelübde für sie erfüllte. Da er nun dieses versprach, verlangten sie zum Beweise seines Versprechens ein Zeugnis. Er hielt ihnen zu diesem Zwecke sein Taschentuch vor, sie bissen darin, und blitzschnell waren die Stellen, welche sie berührten, vom Feuer verzehrt. Auch in demselben Augenblicke fühlte er eine schwere Last, indem sich diese Geister Platz auf seinem Rücken genommen hatten. Nun erinnerte er sich, dass er jene Vorschriftsregel, die bei solchen Geistererscheinungen zu beobachten ist, nämlich zu sagen: »Bleibt drei Schritte von mir entfernt!«, vergessen hatte. Er ward gezwungen, diese fast zum Erdrücken schwere Last bis zur Erfüllung seines Versprechens zu tragen. Er zögerte auch nicht und ging zu dem Küster der Kapelle, welcher auf demselben Berge, worauf diese erbaut ist, wohnt, kaufte von diesem die verlangten Sachen und brachte sie hinein, wo sich auch gleich die ihn drückende Schwere verlor. Im lichten Glanze statteten die Geister unter Jubeln dem Retter ihren Dank ab.

Anmerkungen

Die Kapelle wurde schon 1378 als St. Anna selbdritt erwähnt. Anna selbdritt bezeichnet in der christlichen Kunst eine Darstellung der heiligen Anna mit ihrer Tochter Maria und dem Jesusknaben. Der Annaberg dient ab etwa 1556 als Wallfahrtsort. Die heutige Kapelle entstand im 17. Jahrhundert, als Jesuiten sich (bis zum Jahre 1788) auf dem Annaberg niederließen. 1674 wurde die heutige Kapelle erbaut.1967 wurde die Kapelle um ein angebautes größeres modernes Kirchengebäude ergänzt. Seit 1945 finden traditionelle Annaberg-Wallfahrten (gleichnamig zum Wallfahrtsort St. Annaberg in Schlesien) der Schlesier auf dem Halterner Annaberg statt. Zur Ausstattung der Sakralbauten gehört das Gnadenbild Anna selbdritt in der Kapelle, das im 15. Jahrhundert von einem unbekannten niederrheinischen Meister geschnitzt wurde. Nach Wikipedia.

Kapelle St. Anna, Haltern (WGS 84: 51° 43' 44.17" 7° 09' 17.25")

Literaturnachweis

  • K. Schulte-Kemminghausen, Westfälische Märchen und Sagen aus dem Nachlaß der Brüder Grimm, Münster 2. Aufl. 1963, S. 145


Hier finden Sie: Kapelle St. Anna (51.728936° Breite, 7.154792° Länge)

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Diese Sage ist in den bisher erschienen Werken von Dirk Sondermann nicht enthalten. Von ihm erschienen die Bücher Ruhrsagen, Emschersagen, Bochumer Sagenbuch, Wattenscheider Sagenbuch und Hattinger Sagenbuch. Weitere Publikationen sind in Vorbereitung. Bitte beachten Sie auch unsere Veranstaltungshinweise.


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