Das Erdmännchen (Zwergenkönig Goldemar auf Burg Hardenstein)

Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet

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Ruine der Burg Hardenstein

»Hinter Steinhausen erblickt man, versteckt von einer Bergwand, unten am Ufer (der Ruhr), fast vom Flusse bespült, die malerischen Trümmer von Hardenstein ...« (Schücking-Freiligrath, 325)

Auf Hardenstein lebte zu Kaiser Wenzels Zeiten (1378–1400) ein Ritter Neveling von Hardenberg und bei ihm auf der Burg gastlich und vertraulich der Erdmännchenkönig Goldemar oder Volmar, der ein geschickter Harfen- und Würfelspieler war, Wein trank und oft mit dem Ritter in einem Bette schlief. Er sprach mit allen, welche die Burg besuchten, und beschämte viele durch Entdeckung ihrer heimlichen Sünden, daher ihn die Mönche und Geistlichen nicht gut leiden konnten. Seinen Freund Neveling, den er seinen Schwager zu nennen pflegte, warnte er vor Feinden und belehrte ihn, wie er denselben entgehen könnte. Ja, sogar auf religiöse Gegenstände ließ er sich im Gespräch ein. Er hatte im Hause seine eigene Kammer, seinen Platz am Tische, sein Pferd im Stalle. Speise, Hafer und Heu wurden verzehrt, von ihm selbst aber und seinem Pferde sah man nur den Schatten. Seine Hände ließ er zuweilen als weich und froschkalt fühlen. Hätte man nun diesen geistigen Hausfreund ungeneckt fortwirken lassen, so wäre das Haus in Glück und Ruhe geblieben. Da gab es aber einstmals daselbst einen Küchenjungen, der den Vorwitz hatte, hin und wieder Asche und Erbsen zu streuen, erstere, damit er in ihr wenigstens des Erdkönigs Fuß tapfen sehen könnte, und Erbsen, daß das Männlein fallen und so in der Asche auch seine Gestalt abdrücken möchte. Als an einem gewissen Morgen der Küchenjunge das Herdfeuer anzündete, kam das Erdmännlein, brach ihm den Hals und hieb ihn in Stücke, von denen er etliche am Spieße briet, etliche röstete, Kopf und Füße aber kochte. Als alles gar war, wurde es von unsichtbarer Hand auf Goldemars Kammer getragen und dort unter Jubel und Musik verzehrt. Seit der Zeit hat der Erdmännchenkönig die Burg verlassen und beim Abschiede über seine Kammertüre geschrieben, daß das Haus von nun an unglücklich sein, die Güter zerstreut werden und nicht eher wieder zusammenkommen sollten, als bis zugleich drei Hardenberge von Hardenstein leben würden. Der Spieß und Rost, an dem der Küchenjunge gebraten worden ist, waren auf der Burg bis 1651, der Topf aber ist in der Küche eingemauert noch heute zu sehen.

Anmerkungen

Der ab 1355 erbaute und im 18. Jahrhundert verfallene, ehemalige Adelssitz gehört zu den am romantischsten gelegenen Burgruinen Westfalens. Die vormals wasserumwehrte Anlage ist von außen zu besichtigen. Haus Hardenstein liegt am Bergbaukundlichen Rundgang am Hardensteiner Weg, der vor Ort nicht ausgewiesen ist. »Goldemars Kammer« wird der Kaminraum in der 1. Etage des Süd-West-Turms (der Turm am Hügel) genannt. Die Sagen von Goldemar reichen literarisch bis ins 13. Jahrhundert zurück und sind in die Sagenkränze der Nibelungen und Dietrich von Berns verwoben. Zu König Volmar siehe auch Sage Nr. 80.

Burg Hardenstein (WGS 84: 51.420717° 7.3015°)

Literaturnachweis

  • Ziehnert, Bd.3,98f.; vgl. Sondermann, König Goldemar ...


Hier finden Sie: Burg Hardenstein (51.420717° Breite, 7.3015° Länge)

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Dieser Text wurde folgendem Buch von Dirk Sondermann entnommen:

Ruhrsagen. Von Ruhrort bis Ruhrkopf.
Bottrop: Henselowsky Boschmann Verlag, 2005
ISBN 3-922750-60-5.





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