Das Ende des Grafen von Isenberg

Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet

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Ruinen der Isenburg, Hattingen
»... die stolze hochragende, alle Burgen des Landes an Größe und Stärke übertreffende Isenburg ... wurde erobert und von Grund aus zerstört ... « nach Schücking-Freiligrath

Graf Friedrich von Isenberg hatte die schauerliche Tat vollbracht. Sein Vetter, der Erzbischof Engelbert von Köln, lag tot und von zahllosen Wunden bedeckt im Dickicht des Waldes. Der Mörder floh durch die Nacht dahin. Immer wieder meinte er den Erschlagenen vor sich zu sehen, und immer wieder glaubte er sein letztes Todesröcheln zu vernehmen.

Von furchtbarer Reue gequält, trieb er sein Roß zu rasender Eile an. Müde und abgemattet erreichte er endlich die Burg, aber auch hier ward ihm Ruhe nicht zuteil. Schon kam die Rache. Ein gewaltiges Kriegsheer rückte heran und besetzte das Schloß. Für den Grafen gab es nun kein Entweichen mehr, und dennoch fand er einen Ausweg. Im Schloßhofe war ein verborgener Gang. Er führte durch das Innere des Berges hindurch unter dem Bette der Ruhr entlang zum jenseitigen Ufer hin. Ihn benutzte der Graf und erreichte glücklich auch das Freie. Hier schwang er sich auf das nächste Roß, das er traf, und jagte in die Welt hinein. Das Roß aber trug die Eisen umgekehrt unter seinen Hufen, und das bedeutete Unheil. Wie ein gehetztes Wild floh der Geächtete von

Burg zu Burg, von Land zu Land. Nirgends hielt es ihn lange. Überall witterte er Gefahr. Nach einem Jahre kam er endlich nach Lüttich und kehrte hier als Handelsmann in einer Herberge ein. Die Magd betrachtete ihn mit verwunderten Augen. Sie hatte einst auf der Isenburg gedient, und der Fremdling in den schlichten Kleidern schien ihr wohl bekannt. Sie beobachtete ihn, als er sich wusch. Dabei schlug er in die Hände, und sie waren sogleich trocken. So hatte es der Isenberger stets getan. Sie erkannte ihn daran und verriet ihn seinen Feinden. Er wurde gefangen genommen, und unter den Verwünschungen des Volkes starb er zu Köln den schmachvollen Tod des Mörders, ganz so, wie seine Mutter es im Traum vorausgesehen hatte. (Vos, Weinand) Von dieser Sage gibt es folgende Variante: Als Friedrich den Erzbischof von Köln ermordet hatte, floh er auf seine feste Burg an der Ruhr, und niemand wurde zu nächst gewahr, wer die Bluttat vollbracht hatte. Die Magd auf der Burg hatte jedoch von der Ermordung des Bischofs gehört und von einem Ritter erfahren, daß ihr Herr der Mörder wäre. Sie wollte nun den Dienst verlassen und Friedrich verraten, konnte aber nicht so leicht fortziehen, denn Friedrich sagte: »Bleibe noch solange, bis du ein Paar Schuhe verschlissen hast!« Er ließ ihr aber Schuhe aus Menschenleder machen, die viele Jahre hielten, und das Mädchen wußte nicht, wie es fort kommen sollte. In seiner Not klagte es sein Geschick einer Krämerfrau und sie sagte: »Stelle die Schuhe eine Nacht unter die Regentraufe, so werden sie auseinanderfallen!« Nach einiger Zeit hatte das Mädchen seinen Herrn verraten. Friedrich wurde gefangen genommen und in Köln aufs Rad geflochten; seine Burg wurde gänzlich zerstört. (Wehrhan)

Anmerkungen

Lüttich liegt heute in Belgien. Walter von der Vogelweide, Zeitgenosse Erzbischof Engelberts, des »edlen Fürsten von Köln« und berühmtester Epiker mittelhochdeutscher Dichtung wünschte Friedrich nicht das Vierteilen, sondern: »Wessen Leben ich preise, dessen Tod will ich immer beklagen: Daher wehe dem, der den edlen Fürsten von Köln erschlug! 0 Jammer, daß ihn die Erde noch trägt!

Ich weiß keine Marter für ihn zu finden, die seiner Schuld entspräche: Ein Eichenstrang um seinen Hals wäre allzu weich. Ich wünsche ihm nicht den Scheiterhaufen, auch nicht das Vierteilen oder Schinden, noch, daß ihm die Knochen mit dem Rad zerbrochen werden oder er drauf geflochten werde, ich warte nur darauf, daß ihn die Hölle lebendig verschlinge.« 

Walter von der Vogelweide war Parteigänger des Staufers, Kaiser Friedrich II. und dessen Reichskanzler Erzbischof Engelbert, da er als landloser Ministerialer (Dienstadliger; Angehöriger des Kleinadels.) hoffte, vom Kaiser ein Lehn, also eine Grundherrschaft zu erhalten.

Isenburg (WGS 84: 51.387667° 7.152067°)

Literaturnachweis

Vos, Weinand,46 (nach Bender; Otto Schell, Bergische Sagen, Elberfeld 1897)



Hier finden Sie: Isenburg (51.387667° Breite, 7.152067° Länge)

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Dieser Text wurde folgendem Buch von Dirk Sondermann entnommen:

Ruhrsagen. Von Ruhrort bis Ruhrkopf.
Bottrop: Henselowsky Boschmann Verlag, 2005
ISBN 3-922750-60-5.





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