Bruder Guardian und die Chorstühle in St. Agnes zu Hamm

Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet

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Dass die Agneskirche die ehemalige Klosterkirche des Hammer Franziskanerklosters von früher ist, weiß wohl jeder Hammer; dass die Franziskaner von den milden Gaben der Hammer Bürger und der Bauern aus der Umgegend lebten, wissen nur wenige; dass der Bruder, der die Gaben für das Kloster einsammeln musste, fälschlich Bruder Guardian genannt wurde, wissen noch weniger, aber dass einer von diesen vielen Guardians, die das Kloster durch die Jahrhunderte hatte und um milde Gaben aussandte, ein richtiger Bruder Lustig war, das hat wohl nur der eine oder andere gehört.

Dieser lustige Bruder Guardian war überall beliebt, und seinem Witze gelang es wohl oft, selbst die versteckten Beutel der Geizkragen und Knauserer zu öffnen. Eine solche zugeknöpfte Tasche war auch der damalige Besitzer von Haus Heeßen, im Volke Graf von Heeßen genannt, den der Bruder Guardian aber einmal ganz tüchtig zu Ader gelassen hat. Und das trug sich so zu.

Als Bruder Guardian einmal gerade auf Haus Heeßen zu kam, begegnete ihm der Graf mit Jäger und Hund und wollte zur Jagd. »Na, Bettelbruder, willst was haben? Es gibt nichts!« – »Aber, Herr Graf, denkt an das Himmelreich! Bedenkt, Christus wird am letzten Gericht fragen, ob ---« – »Ach, Larifari! Quatsch! Doch« – und der Graf lachte heimlich – »könnt ihr schießen, Bruder, dann kommt mit. Was ihr trefft, soll dem Kloster gehören!« Bruder Guardian ging mit. Die Jäger verlachten den Bruder und machten ihre Witze mit ihm. Den Bruder verdross das nicht, er stand ihnen tapfer seinen Mann und blieb kein Wort schuldig. Im Walde aber hörte man da, wo der Bruder stand, tüchtig schießen und hussaen. Ganz erstaunt über den tüchtigen Nimrod ritt der Graf herbei: »Bruder, ihr schießt ja, dass man ganz neidisch wird. Habt ihr denn auch schon was getroffen? Zeigt her, oder treffen die Barfüßler nur von der Kanzel das Richtige?« – »O, Herr Graf,« rief der Bruder, »seht her, diesen Eichbaum traf ich, und diesen und diesen ...« und zeigte dem Grafen rund herum alle dicken Eichbäume angeschossen.

Der Graf hatte sein Wort gegeben und musste die Eichbäume schweren Herzens dem Kloster überlassen. Er hat den schlauen Bruder nicht wieder zur Jagd eingeladen. Aus den geschossenen Eichen aber wurden die Chorstühle in St. Agnes gemacht.

Anmerkungen

1455 wurde das Observantenkloster St. Agnes von Franziskanern in strenger Ausrichtung gegründet.. Die Statuten des Klosters sahen vor, dass dort maximal 12 Mönche leben durften. Erster Guardian des Klosters war Cornel von Gouda. Am 16. Juli 1824 verfügte König Friedrich Wilhelm III. von Preußen die Aufhebung des Franziskanerklosters in Hamm. Das Franziskanerkloster in Hamm befand sich auf dem Gelände der heutigen Marienschule an der Franziskanerstraße. Guardiane sind vergleichbar mit Äbten in anderen Ordensgemeinschaften.

Die Klosterkirche der Franziskaner wurde am 21.05.1515 der Heiligen Agnes geweiht. Als turmlose Hallenkirche Infolge schwerer Kriegsschäden wurde die Agneskirche, fast einem Neubau gleich-kommend bis 1953 wieder errichtet. Die St.Agnes-Kirche befindet sich am Nordenwall.

Das intakte Chorgestühl wurde 1944 zerstört. Siehe: Wikipedia.

Als Oberhof Heessen erstmals 975 urkundlich als Erbgut des Bischofs von Münster erwähnt, gelangt die Anlage um 1200 an die Grafen von Altena-Mark. Durch weibliche Erbfolge kam das Anwesen nachfolgend an die Adelsfamilie von Isenberg-Limburg, die Herren von Volmarstein, an die Familie von der Recke und 1775 schließlich an die Freiherren von Boeselager.

Das heutige wasserumgebene Schloss erhielt seine heutige Gestalt um 1908 während eines Umbaus, der dem Gebäude durch Turmbauten, Zinnen und eine Schlosskapelle nach englischem Vorbild ein neugotisches Aussehen verlieh. Seit 1957 ist in den Gebäuden ein Landschulheim und privates Internat (Gymnasium) untergebracht. Hamm, Schloss Heessen Schlossstr. Siehe: Wikipedia.

Schloss Heessen (WGS 84: 51° 41' 54.99" 7° 50' 51.99")

St.Agnes-Kirche (WGS 84: 51° 41' 01.26" 7° 49' 27.52")

Multimedia

Gelesen von Gisela Schnelle-Parker, Aufnahme und Bearbeitung von Robin Parker.


Literaturnachweis

  • Karl Wehrhan, Westfälische Sagen, Leipzig 1934, Nr. 239


Hier finden Sie: Kirche St. Agnes (51.683683° Breite, 7.824311° Länge)

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Diese Sage ist in den bisher erschienen Werken von Dirk Sondermann nicht enthalten. Von ihm erschienen die Bücher Ruhrsagen, Emschersagen, Bochumer Sagenbuch, Wattenscheider Sagenbuch und Hattinger Sagenbuch. Weitere Publikationen sind in Vorbereitung. Bitte beachten Sie auch unsere Veranstaltungshinweise.


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