Brünhild, König Gunthers Braut auf der Isenburg

Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet

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Brünhilds Ankunft in Worms - Hundeshagenscher Kodex

(Paul-Gerhard Kanis) Die Isenburg an der Ruhr soll Wohnsitz von Brünhild gewesen sein. Brünhild stammt aus Hattingen und nicht aus Island. Mit dieser Behauptung wagt sich Paul-Gerhard Kanis, ein gebürtiger Wittener, weit in das Gebiet der Literaturforschung hinein. Das Nibelungenlied sei das Königsthema der deutschen Literatur, wurde ihm von den Literatur-Experten prompt beschieden, und für einen »Amateur« ein viel zu weites Feld. Der diplomierte Ingenieur studiert in seiner Freizeit die Standardwerke der Weltliteratur. Das Nibelungenlied steht dabei – auch nach Meinung der Experten – ganz oben auf der Liste. »Es gibt Leute, die alles zur Sage machen«, erläutert Kanis. »Das Nibelungenlied wurde im 11. Jahrhundert aufgeschrieben und ist eines der frühesten schriftlichen Werke.« Deshalb liegt es seiner Meinung nach nahe, dass darin zumindest annä­hernd tatsächliche Ereignisse beschrieben werden. »Den Luxus der frei erfundenen Geschichten hat man sich erst später geleistet«, glaubt der Ingenieur. Siegfried segelt auf der Ruhr gen Hattingen. Siegfried führte Gunther an Brünhilds Hof und half ihm, Brünhild als Braut zu gewinnen. Kanis hält es zum einen für unmöglich, dass Siegfried binnen zwölf Tagen 600 km unregulierten Flussweg und 2000 km auf hoher See von Worms bis Island zurücklegen konnte. Zum anderen sei ein Kahn, der mit vier Mann (Siegfried, Gunther, Hagen und Dankwart) und ihren Pferden den Rhein nach Norden segelt, für die See untauglich. »Dass Brünhilde tatsächlich aus Island kommt, ist völliger Unfug«, behauptet der ehemalige Wittener. Beim Lesen der Sage sei ihm die Burg Isenstein (= Isenburg, D.S.) bei Hattingen wieder eingefallen, erzählt er. Darauf habe er sich mit dem Buch in der Hand dorthin aufgemacht und war fasziniert, wie präzise alle Angaben zueinander passten: Brünhilds Hauptburg hieß »Isen­stein«, deshalb wurde ihr Land auch gelegentlich als »Island« bezeichnet. Die 300 km weite Reise von Worms zur Isenburg konnte auf dem Wasserweg mit einem Flusskahn mit Segeln und Rudern in zwölf Tagen bewältigt werden. Man konnte auf dem Fluss bis unmittelbar unter die Burg segeln und dort auch bequem anlegen. Brünhild konnte von ihrem Fenster aus sehen, wie die vier aufstie­gen und wie Siegfried Gunther den Steigbügel hielt. Und schließlich war Siegfried in der Lage, auf dem Wasserweg innerhalb von einem Tag und einer Nacht den Nibelungenhort zu erreichen und innerhalb weniger Tage 1000 Nibelungen – Ritter zu Pferd und Schiff zum Isenstein (Isenburg) zu bringen. »Der Beweis ist natürlich schwierig zu führen«, weiß Kanis, »aber das Gegenteil ist auch schwierig zu beweisen.« (Westdeutsche Allgemeine Zeitung)

Der Nibelungen 7. Aventiure nach Kanis (Gunther gewinnt Brünhild zur Frau) Als das Boot dicht an die (Isen-) Burg heran kommt, können die Burgunder schöne Frauen an den Fenstern der Burg Isenstein sehen. Siegfried fragt Gunther, welche ihm am besten gefällt. Als Gunther Siegfried eine der Frauen beschreibt, sagt Siegfried, dass es Brünhild sei. Brünhild lässt nun ihre Damen von den Fenstern weg treten. Aber durch die engen Schießscharten beobachten sie und ihre Leute weiter das Boot mit den fremden Rittern. Unter den Augen Brünhilds und ihres Gefolges führt Siegfried König Gunthers Pferd als erstes vom Boot herab und hält Gunther den Steigbügel. (Dies war im Mittelalter eine Geste, die seine untergeordnete Stellung verdeutlichte.) Die vier Burgunder reiten hinauf zur (Isen-) Burg, die 86 Türme hat, (also eine recht große Burganlage ist). Sie werden eingelassen und dürfen ihre Pferde in den Stall stellen. Aber sie müssen auch ihre Waffen ablegen, was Hagen von Tronje überhaupt nicht gefällt. Aber Siegfried überzeugt ihn davon, dass es notwendig ist. Den vier Burgundern werden gute Unterkünfte gegeben und ein Willkommenstrunk gereicht. Brünhild fragt ihre Leute, ob jemand die vier Ritter kennt. Da keiner die vier kennt, meint einer der Höflinge, dass einer der vier Ankömmlinge wohl Siegfried, der Königssohn aus Xanten, sei und zuvorkommend begrüßt werden sollte. Als Brünhild einige Zeit später die fremden Ritter im Festsaal ihrer Burg empfängt, lässt sie sich von 500 Rittern mit gezogenen Schwertern eskortieren, was den Gästen nicht behagt. Brünhild begrüßt zuerst Siegfried. Dieser stellt aber König Gunther als einen mächtigen König und seinen Herrn vor und verkündet, dass Gunther sie zur Frau haben möchte. Darauf erklärt Brünhild, dass sie Gunthers Frau werden wolle, falls er bei Wettkämpfen gewinnt. Andernfalls würden aber alle Gäste getötet. Auf Hagen von Tronjes Nachfrage erklärt Brünhild die Kampfregeln. Siegfried sagt Gunther, dass er keine Angst zu haben brauche, da er listig genug sei, ihn zu beschützen. Daraufhin willigt Gunther in den Wettkampf ein.

Die beiden Wettkämpfer lassen sich die Rüstungen anlegen. Während der Kampf­vorbereitungen holt Siegfried (angeblich) die Tarnkappe aus dem Boot. Beim Wettkampf hilft Siegfried unter dem Schutz der Tarnkappe, Gunther Brünhild in allen drei Disziplinen zu besiegen. Beim Kampf achtet er darauf, Brünhild nicht zu verletzen und wirft den Speer mit der Spitze nach hinten. (Eine Tarnkappe kann es natürlich nicht geben. Da die Kämpfenden jedoch nicht nackt, sondern in voller Rüstung gegeneinander antraten und das Anlegen der Rüstung mit Sicherheit nicht auf dem Burghof, sondern in einem Zimmer stattfand, war es Siegfried als engstem Verbündeten Gunthers wohl möglich, dessen Rüstung anzulegen, anstelle von Gunther gegen Brünhild zu kämpfen und sie, wenn auch mit Müh und Not, zu besiegen. Die Tarnkappe wird wohl gebraucht, um diesen Betrug zu kaschieren.) Nach dem Kampf bringt Siegfried (angeblich) die Tarnkappe wieder in das Boot. Als er wieder in die Öffentlichkeit tritt, tut er so, als habe er den ganzen Kampf verpasst. Brünhild erkennt ihre Niederlage an und schickt Boten aus, um ihre Vasallen zu ver­sammeln. Angeblich tut sie dies, um sich von ihnen zu verabschieden. Da Hagen von Tronje Brünhild für eine »Teufelin« hält und befürchtet, dass sich Brünhild mit Hilfe ihrer Vasallen doch noch gegen ihren Verlobten Gunther auflehnen möchte, bietet Siegfried an, in kürzester Zeit 1000 Ritter herbeizuholen. Gunther nimmt dieses Angebot dankend an.

Der Nibelungen 8. Aventiure nach Kanis (Siegfried holt 1000 Nibelungen-Ritter zur Burg Isenstein/Isenburg) Siegfried verlässt (angeblich) im Schutz der Tarnkappe die Burg und fährt mit einem Ruderboot davon. (Auch hier dient die Tarnkappe nur dazu, einen plumpen Trick zu kaschieren. Vermutlich hat Siegfried die Torwache ganz einfach bestochen und später das Gerücht von der Tarnkappe gestreut, um die Torwache vor der gerechten Strafe zu schützen.) Siegfried rudert mit dem Boot ein Stück (Ruhr auf­wärts) in sein Nibelungenland. Im Nibelungenland angekommen klopft er, ohne sich zu erkennen zu geben, un­gestüm an das Burgtor des Nibelungenhortes. (Das war wohl die Nibelungen-Hauptburg. Eventuell ist dies die spätere Burg Hardenstein in Witten-Herbede. Von Lage und Abstand zum Isenstein könnte diese Stelle auf jeden Fall passen.) Darauf stürmt der riesige Torwächter aus dem Tor, um den frechen Fremden zu über­winden. Siegfried besiegt aber den Torwächter im Zweikampf und fesselt ihn. Auch den durch den Kampflärm herbeigerufenen Zwergen Alberich, den Hüter des Nibelungenschatzes, gibt er sich nicht zu erkennen, kämpft mit ihm und überwin­det ihn schließlich. Erst danach gibt er sich als Herr der Nibelungen zu erkennen. Er sendet Boten aus und lässt alle kampffähigen Männer versammeln. Aus 3000 Nibelungen-Rittern sucht er sich die 1000 stärksten Ritter aus und befiehlt ihnen, sich prächtig zu kleiden. Mit ihnen kehrt er auf Booten nach wenigen Tagen zur Burg Isenstein zurück. Brünhild ist sehr überrascht vom plötzlichen Auftauchen der fremden Ritter. Gunther erklärt ihr, es wären seine Ritter. (Nun muss Brünhild alle Hintergedanken aufgeben.)

Ferner deutet Kanis Drachen und Zwerge wie folgt:

Unter Drachen braucht man sich nur das vorzustellen, was wir heute noch darunter verstehen, nämlich einen unangenehmen Menschen. Dafür spricht auch, dass der »Drache« Pfaffner einen Bruder hatte, welcher durchaus ein Mensch war, nämlich der »Zwerg« Alberich. Unter dem Zwerg darf man sich nicht ein Wesen vorstellen, welches man in die Hosentasche stecken kann. Ein Zwerg ist lediglich ein kleiner, nicht unbedingt schwächerer Mensch. Alberich jedenfalls war so stark, dass Siegfried seine Mühe hatte, ihn zu überwinden.

Anmerkungen

Die Drachenhaut Siegfrieds wird auch als Kettenhemd gedeutet. Hardenstein, eine der am romantischsten gelegenen Burgruinen Westfalens, liegt in Witten-Herbede am Hardensteiner Weg. Einige Sagen bringen Hardenstein mit den Nibelungen in Verbindung. Es gibt mehrere Deutungen zum Namen Isenburg. Isen = Eisen; tatsächlich wurde nachweislich und heute noch deutlich sichtbar auf der Isenburg Eisen verhüttet. Ferner Isen = Isis; demnach soll auf der Isenburg die ägyptische Göttin Isis verehrt worden sein. Diese Theorie ist wie jene von Kanis nicht zu beweisen. Weitere (kuriose) Theorien sind in den Literaturnachweisen zu dieser Sage angeführt.

»Man sieht wohl, daß sich noch Jahrhunderte mit dem Nibelungenlied zu beschäftigen haben.« 

(nach Johann Wolfgang von Goethe)

Isenburg (WGS 84: 51.387667° 7.152067°)

Burg Hardenstein (WGS 84: 51.420717° 7.3015°)

Literaturnachweis

  • Kanis, 1994, 7-10; Kanis, 1999, 9-11 (Mit freundlicher Erlaubnis des Verfassers.); WAZ (Westdeutsche Allgemeine Zeitung)-Hattingen vom 6. Juli 1994; Jan Vestweber, in: WAZ- Hattinger Lokalteil vom 5.8.2004: „Dass der Heimatforscher und damalige Rektor der Holschentorschule, August Brämer, im Jahre 1914 aber sogar ein untergegangenes germanisches Heiligtum von Frigga, der Gemahlin des obersten Gottes Wodan, auf dem Isenberg ver­mutete, dürfte für viele neu sein. „Die ungewöhnliche Gestalt des Berges und seine eigentümliche Lage“, schreibt Brämer, „geben demselben für die Bewohner dieser Gegenden eine besondere Wichtigkeit. Es war ohne Zweifel einer von jenen Bergen, die die alten Deutschen zu „Burgen“ auserkoren, d.h. zu von der Natur gesicherten Plätzen, auf welchen sie sich bei feindlichen Einfällen verschanzten, auf denen die dann ihre Familien … bargen, wo sie auch ihre heilige Umzäunung hatten und ihre Gottesdienste pflegten.“ Vermutlich, behauptet Brämer weiter, sei hier Frigga, „die Mutter der Götter und die Göttin der Ehe“ verehrt worden. „Denn es ist Tatsache, dass auf dem gegenüberliegenden wie auf dem diesseitigen Ruhrufer der Wodandienst ver­breitet war.“ Tatsächlich gibt es für die Existenz einer Kulturstätte keinerlei Beweise. Es muss hier allerdings auch auf die außerordentliche Schwierigkeit bei der Beweisführung zu Tatsachen dieser Zeit hingewiesen werden, da die verschiedenen Germanenstämme keine großen Bauwerke errichteten, da sie laut dem römischen Geschichtsschreiber Tacitus (etwa 55 bis 116 n. Chr.), ihre Götter nicht in vier Wände einschließen wollten, und so keine steinernen Tempel erbauten. Zudem wurden die wenigen bekannten heiligen Stätten im Zuge der Christianisierung durch die Franken, die hier von 772 bis 804 n. Chr. die „heidnischen“ Sachsen zurücktrieben, zerstört und mit Kirchen oder ähnlichen Gebäuden überbaut. Auch die fehlende Schrift der Eingeborenen, wegen der Tacitus, und nicht einer der ihren, eine der ersten schriftlichen Quellen zu diesem Thema ist, erschwert das Auffinden und eine sichere Identifikation von Überbleibseln aus der Zeit. Brämer führt seine Argumentation daher anders. Den Namen Isenberg leitet er von der ägypti­schen Gottheit Isis ab, die die Römer seit Tacitus mit der germanischen „Mutter Frigga, Berchta, Ostera oder Iso“ gleichsetzten, wie sie beispielsweise auch Wodan oder den „großen Gotte (daher der Grote, Krode, Chrodo)“ mit Merkur verglichen. Der Name müsse von den Römern oder später den „romanisierten Franken“ übernommen worden sein. Als zweite Möglichkeit sieht Brämer, „dass der Name unseres Berges älter als die Franken-, als die Sachsen- und selbst als die Römerzeit, dass er nicht römisch, sondern urgermanisch ist.“ Demnach ginge die Bezeichnung zu­rück auf eine „mit dem Wasser in Verbindung stehende Lichtgottheit … Sie hatte ihren Namen von dem alten germanischen Worte isan, das glänzen bedeutet, daher Iso die Glanzgöttin…“ Sie sei „keine andere als die Berchta, die Osterna, die Göttin des Lichts und des Wassers, folglich der Isenberg eine ihrer Kulturstätten.“ Auch die weitere Bedeutung der Vorsilbe „is“, der Strom oder Strömendes bedeutet, weise wegen der Nähe der Ruhr neben „Gestalt, Lage und Name“ des Berges auf ein altes Heiligtum hin.“


Hier finden Sie: Isenburg (51.387667° Breite, 7.152067° Länge)

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Dieser Text wurde folgendem Buch von Dirk Sondermann entnommen:

Hattinger Sagenbuch.
Essen: Verlag Pomp, 2007
ISBN 978-3893552542.



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