6500 Jahre Maifest am Harpener Bockholt

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Rekonstruktion einer Kreisgrabenanlage

Das Harpener Bockholt umfasste vormals einen ausgedehnten Wald. Im Jahr 1966 wurde etwa 800 Meter westlich der spärlichen Waldreste des heutigen Bockholtes eine der interessantesten jungsteinzeitlichen Kreisgrabenanlagen Mitteleuropas ausgegraben. Ein ähnlicher Kreisgraben umgibt auch die bekannte Steinsetzung von Stonehenge in England. Bodendenkmäler dieser Art gelten als die vielleicht früheste Monumentalarchitektur im kontinentalen Europa. Beim Bau derartiger Anlagen wurden oft viele tausende von Tonnen Erdreich bewegt. Der Harpener Kreis bestand aus einem Graben mit innen liegendem Wall. Anders als in Stonehenge wurden die astronomischen Stichdaten nicht durch die Steinsetzung definiert, sondern durch Erdbrücken. Der Bochumer Kreisgraben erlaubt die Festlegung der Daten von Wintersonnenwende, Frühlings- und Herbstbeginn – vor allem aber des Sonnenstandes des Maiabendfests (30. April). Die aus der so genannten Rössener Kultur (ca. 4600 v. Chr.) stammende Anlage hatte einen Durchmesser von knapp 50 m. Leider wurde sie beim Bau der A 43 zerstört.

Ein weiterer ellipsenförmiger Ringgraben mit einem maximalen Durchmesser von etwa 58 Metern lag ca. 200 Meter westlich vom heutigen Bockholt.

Jacob Grimm zu einem britischen Maienbrauch: In einigen Gegenden des Hochlandes trifft sich die Jugend eines Dorfes am 1. Mai auf der Heide. Sie schneiden eine kreisförmig begrenzte Fläche in den Rasen, indem sie einen Graben ausheben. Dessen Umfang ist so bemessen, dass die ganze Gesellschaft darin Platz findet. Dann entzünden sie ein Feuer....

Das Feuer diente zur Herstellung von Backwaren und zur Bestimmung des Maikönigs, der dann dreimal durch das Feuer springen musste. Diese Veranstaltung wurde »bealtainn« genannt. Der Name des Festes erinnert an den keltischen Frühlingsgott, der möglicherweise mit dem germanischen Frühlingsgott Baldur verwandt ist.

Vielleicht ist die von Grimm beschriebene Maifeier letzter Nachklang einer einstmals weitverbreiteten jungsteinzeitlichen Sitte ausgedehnte Kreisgrabenanlagen anzulegen.

Interessant ist der örtliche Zusammenhang zwischen diesen vorgeschichtlichen Denkmälern und der Rolle des Harpener Bockholts im Bochumer Maiabendfest. Es kann kaum ein Zweifel bestehen, dass es wie alle Maienfeste in vorchristliche Zeiten zurückreicht. Noch heute beginnt das Bochumer Maiabendfest am 30. April in der Nähe des Harpener Kreisringes.

Möglicherweise deutet sich hier eine stete Nutzung von »heiligen Orten« an, die allen Wechseln der Religion und Völkern zum Trotz über 6500 Jahre zu verfolgen ist.

(Nach Prof. Wolfhard Schlosser, Astronomisches Institut der Universität Bochum)


Anmerkungen

Bockholt bedeutet Buchenholz, Buchenwald. Hier soll ferner eine germanische Kultstelle an der Quelle der Blenne, dem heutigen Kirchharpener Bach gelegen haben, der bis heute den Teich im Bockholt speist. Angeblich wurde im Bockholt auch der germanische Gott Wodan verehrt.

Wenn Sie vom Harpener Feld kommend, die Fußgängerbrücke über die A 43 betreten, bleiben Sie bitte direkt an der ersten Fahrspur stehen und richten den Blick entgegen die Fahrtrichtung nach links. Ungefähr 100 Meter (= 2 Seitenpfosten) entfernt, überquert die Fahrbahn einen Teil des vorgeschichtlichen Kreisgrabens.

Kreisgrabenanlage (WGS 84: 51.504502° 7.255021°)

Der ellipsenförmige Ringgraben lag im Bereich des Gartens der Augustinusstr. 13. Kreis und Graben lagen vormals im ausgedehnten Wald des Harpener Bockholtes.

Literaturnachweis

  • Vgl. Schlosser, Cierny, 78-80;
  • Günther 181-186; BSN,131;
  • Brandt, 32-36, 82-86


Hier finden Sie: Blickpunkt Kreisgrabenanlage (51.504502° Breite, 7.255021° Länge)

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Dieser Text wurde folgendem Buch von Dirk Sondermann entnommen:

Bochumer Sagenbuch.
Verlag Pomp, 2004
ISBN 978-3893550678.




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