Über Bochum im Jahr 1790

Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet

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Bochum um 1830

Zur Einstimmung auf die folgenden Sagen möchten wir einige kurze Ausführungen des Bochumer Arztes und Gelehrten Dr. Carl Arnold Kortum aus dem Jahr 1790 vorausschicken, der aus jener Zeit Bochums berichtet, in der die im vorliegenden Buch mitgeteilten Sagen noch vielen Bürgern der Stadt bekannter und vertrauter gewesen sein dürften.

Damals war Bochum noch ein kleiner, landwirtschaftlich geprägter und unbedeutender Ort Westfalens; wenig deutete auf die bevorstehende industrielle Revolution, auf Kohlezechen und Eisenhütten hin: »Die Lage der Stadt ist angenehm. Sehr fruchtbare Felder, schöne Wiesen, Gärten, Obstgärten, Weiden, Heiden, kleine Büsche und Wälder, anmutige Höhen und kräuterreiche, mit kleinen Bächen durchschlängelte Täler, wechselten hin und wieder ab. Der Boden selbst ist überaus fruchtbar, besonders in der Nähe der Stadt. Angebaut werden:

Weizen, Gerste, Hafer, Rübsamen, Erbsen, Wicken, Flachs und Hanf. Auch wachsen in dieser Gegend viele gesunde Arzneikräuter, welche man sonst anderswo nicht so häufig antrifft. Auch Bienen gedeihen sehr gut, da hier viele honigreiche Kräuter anzutreffen sind, ebenso sind Hasen, Rebhühner, Schnepfen und Wachteln in dieser Gegend zahlreich vertreten. Die Luft ist ziemlich gesund und das Wasser ebenfalls sehr gut.

Diesen positiven Eindruck ergänzen die zum Teil nahe bei der Stadt liegenden zahlreichen Dörfer und Rittersitze, die zur Verschönerung der Gegend viel beitragen.

Die Einwohner der Stadt sind meist starke, untersetzte Leute. Man trifft hier im Verhältnis zur Einwohnerzahl sehr viele alte Leute beiderlei Geschlechts. Siebzig- und Achtzigjährige sind durchaus nicht selten. Die einfache Lebensordnung, die hier geführt wird, ist neben der gesunden Luft die Hauptursache des außerordentlich günstigen Gesundheitszustandes. Der gemeine Mann nährt sich nur von Brot, Butter und Gemüse; Fleisch wird von ihm nur selten genossen, noch seltener Fische; Gewürze fallen fast ganz fort. Kaffee wird viel getrunken, aber sehr dünn; derselbe macht mit einem Butterbrote oft die Mittagsmahlzeit, fast immer die Abendmahlzeit der Familie aus, die vertraulich beim Scheine des Herdfeuers um den Kaffeekessel (Wip-pop) oder Milchnapf sitzt. Der Hausvater raucht dabei wohl sein Pfeifchen Kölnischen Tabak, und wenn er bei Vermögenden in Arbeit steht, trinkt er auch wohl ein Glas Branntwein oder eine Kanne Bier. In solchem Falle isst er auch besser, bekommt Speck und sonstiges Fleisch und Pfannkuchen, und ist dann vergnügt wie ein Fürst. Die Bürger ernähren sich größtenteils vom Ackerbau. Fast jeder wohlhabende Bürger hat ein eigenes Feld; doch nur wenige haben eigene Pferde und Ackergeräte. Sie lassen vielmehr von Bauern aus den benachbarten Ortschaften entweder für Geld oder gegen die Hälfte des Ertrages den Acker bearbeiten.

Ein anderer Nahrungszweig ist die Viehzucht. Jeder Bürger, er sei vornehm oder gering, hat eine oder mehrere Kühe; die ärmsten haben wenigstens eine Ziege. Da die Bürger im Sommer auf der Vöde frei Vieh treiben können, so ist ihnen das Vieh wohlfeil zu halten.

Auch das Kohlenbergwerk nährt manchen Bürger. Einige haben an den Bergwerken selbst Anteil, andere arbeiten an denselben, andere fahren auf Sturzkarren, Schiebkarren, Schleppen und Tragkörben Kohlen zum Verkauf in die Stadt oder holen dieselben für andere Leute.

Die Klasse der vornehmen Leute besteht aus königlichen Beamten, Geistlichen, Gelehrten, Kaufleuten, Künstlern und Handwerkern. Die übrigen geringeren Bürger sind Tagelöhner, welche sich mit Dreschen, Stein brechen, Holz hauen, Futter schneiden und dergleichen sowie durch Hilfe beim Ackerbau, Branntwein brennen, Brauen und sonstigen wirtschaftlichen Arbeiten ernähren.

Augenblicklich wohnen überhaupt 366 Familien in der Stadt; die Personenzahl beträgt 1474 Seelen, ausgenommen die hier im Dienst stehenden Soldaten. Bewohnt sind 335 Häuser, davon 31 Brauhäuser und 22 Branntweinbrennereien.« Na denn »Prost!« 

Literaturnachweis

  • Kortum,1790, 62,117-123




Weitere Sagen aus Bochum.



Dieser Text wurde folgendem Buch von Dirk Sondermann entnommen:

Bochumer Sagenbuch.
Verlag Pomp, 2004
ISBN 978-3893550678.




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