Schaurige Wege zur Zeche

Aus Sagenhaftes Ruhrgebiet

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Datei:Fördergerüst Bergbaumuseum Bochum 16.JPG
Das Fördergerüst des deutschen Bergbaumuseums in Bochum. Ehemaliges Fördergerüst der Zeche Germania in Dortmund.

Ein ehemaliger Schustergeselle aus Nette, der in seinem erlernten Beruf keine Arbeit mehr fand, wußte grauenvolle Schauerlichkeiten von seinen Wegen zur Zeche Germania in Marten zu erzählen. Einmal habe er plötzlich einen alten, verkrüppelten Weidenbaum gesehen, wo am Tage zuvor noch kein Baum gestanden hatte. Ein andermal sei aus einem Wacholderbusch eine brennende Gestalt mit gräßlichem Gelächter aufgesprungen. Und an einem nebligen Novembermorgen sei sogar ein schwarzer Reiter auf einem pechschwarzen Pferd ganz dicht an ihm vorbeigejagt.

»Am gruseligsten aber sind die Irrlichter«, erzählte der Schuster jedem, der es hören wollte. »Ein Irrlicht nämlich verkündet Unglück. Wo einem Menschen etwas Schlimmes bevorsteht, da erscheint vorher ein Irrlicht. Ich hab' mal eins gesehen, das sauste wie gehetzt hin und her. Und weißt du, was das bedeutet? Das ist ein umherirrender Geist, der nicht zur Ruhe kommt, weil er in seinem Leben heimlich Grenzsteine versetzt hat.

Wenn du nachts durch die Felder gehst, kann dich ein Irrlicht auch auf einen falschen Weg führen. Erst nach einiger Zeit merkst du, daß du dich verlaufen hast. Aber dagegen weiß ich jetzt ein Mittel: Du mußt den linken Schuh ausziehen, mußt ihn umkehren und ihn dann wieder anziehen. So kann dir ein Irrlicht nichts anhaben. «Wen wundert es da, wenn der einstige Schuhmacher nach so einer Rede manchmal klagte: »Ach, hätt' ich armer Schuster doch bei meinem Leisten bleiben können. »

Anmerkungen

Als in der Mitte des 19. Jahrhunderts der Bergbau allmählich von der Ruhr und dem Ardey nach Norden vordrang, da wurden bei vielen Menschen neue Zukunftshoffnungen geweckt. Besonders bei denen, die von der Landwirtschaft abhängig waren, um die es in jenen Jahren durch mehrere Mißernten schlecht bestellt war. Die Handwerker in den ländlichen Bezirken litten unter Arbeitsmangel, denn manche Handwerkszweige, wie die der Schuster und Schneider, waren überbesetzt.

Da aber entstanden in den 1850er Jahren die Zeche Carlsglück (1849-1964; Karlsglückstr. ) in Dorstfeld; Zeche Germania in Marten, Zeche Westfalia (1858-1894; Westfaliastr. ) in Dortmund - Huckarde, Zeche und Kokerei Hansa (1856-1992; Emscherallee 11, heute ein Museum) ebenfalls in Huckarde. Und das bedeutete endlich neue Arbeitsmöglichkeiten für die Menschen, die bisher vom Kleingewerbe und von der Landwirtschaft mehr schlecht als recht gelebt hatten. Es waren vielfach die Söhne von Köttern und Handwerkern, die jetzt Bergleute wurden. Den Lohn, den sie auf den Zechen erhielten, konnte ihnen weder das Handwerk noch die Landwirtschaft zahlen. Um 1860 verdiente ein Bergmann knapp 20 Taler im Monat. Allerdings mußte er dafür nicht nur jeden Werktag, sondern auch fast jeden Sonntag arbeiten. Dagegen zahlten die Bauern ihren Dienstleuten neben Kost und Unterkunft Löhne von 10 bis 16 Talern - jedoch für das ganze Jahr! Damals hatten auch schon einige Einwohner aus Mengede auf den Zechen der Nachbarorte Arbeit gefunden. Doch es waren weite und mühsame Wege, manchmal von zehn Kilometern, die sie täglich zu Fuß zurücklegen mußten. Da war etwa der Weg nach Dorstfeld. Er führte die Bergleute durch eine noch unwirtliche Gegend südlich von Mengede. Durch Ödland und Buschwerk wirkte die Landschaft vor allem in der Dunkelheit und im nebligen Winter beklemmend und gruselig. Dazu erschwerten oft verschlammte Wege den Marsch.

Kein Wunder, daß in dieser unwirtlichen Umgebung der immer noch stark verwurzelte Aberglaube stets neu genährt wurde, Kein Wunder, daß vermeintliche Irrlichter und Gespenster die Bergleute auf ihrem Weg zur Arbeit aufschreckten. Zeche Germania (1842-1971) liegt an der Martenerstr. 429 in Dortmund- Marten. Ein Verwaltungsgebäude der ehemaligen Zeche ist noch erhalten. Das Fördergerüst des Zentralschachtes der Zeche Germania von 1944 ziert heute weithin sichtbar das unbedingt sehenswerte Deutsche Bergbaumuseum in Bochum Am Bergbaumuseum 28.

e. Eichlinghofen

Zeche Germania (WGS 84: 51.506367° 7.368617°)

Deutsches Bergbaumuseum (WGS 84: 51.488906° 7.217465°)

Literaturnachweis

  • Gronemann, 226f. ; in Am. verwendete u. weiterführende Lit. : Dege 1964 ; Hermann, 185


Hier finden Sie: Zeche Germania (51.506367° Breite, 7.368617° Länge)

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Dieser Text wurde folgendem Buch von Dirk Sondermann entnommen:

Emschersagen. Von der Mündung bis zur Quelle.
Bottrop: Henselowsky Boschmann Verlag, 2006
ISBN 3-922750-66-4.




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